Sparkassen Zeitung

Werte

Haters gonna hate

Ausgabe #6/2016 • Obdach

Wo Menschen zusammenarbeiten, gibt es Konkurrenz. Besonders in Krisenzeiten wird der Ton unter MitarbeiterInnen schnell harsch, die Ellenbogenmentalität nimmt zu. Es kommt zu einem Wettstreit, bei dem jeder nur auf sich selbst schaut. Was sind die Ursachen für kollegiale Missgunst? Wie gehen Frauen und Männer damit um, und ist Neid auch bei der Generation Y ein Thema?

Neid motiviert, spornt an und steigert die Leistung des Kollektivs – so soll es sein. Wünschenswert ist, dass das ganze Unternehmen vom Kampf der MitarbeiterInnen um Anerkennung und Erfolg profitiert. Doch meistens mündet Neid in Auseinandersetzungen zwischen KollegInnen. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Neid neben Geiz und Gier zu den größten menschlichen Übeln zählt.

GEFÜHRTE KONKURRENZ
Missgunst unter MitarbeiterInnen ist in jeder Branche und in fast jedem Unternehmen zu finden. Dennoch bleibt es ein Tabuthema, das kaum angesprochen wird. Niemand ist so ehrlich und sagt direkt: „Ich bin neidisch auf Ihren beruflichen Aufstieg und gönne Ihnen den nicht.“ Negative Emotionen werden somit verinnerlicht und verlagern sich von der Sach- auf die Beziehungsebene. Sie können verschiedene Ausdrucksformen annehmen: Essenzielle Informationen werden den KollegInnen verschwiegen, ein Termin wird nicht weitergeleitet, zum gemeinsamen Mittagessen wird der erfolgreiche Kollege nicht mehr eingeladen … Führungskräfte sollten auf solche Anzeichen achten und ungesundes Konkurrenzverhalten rechtzeitig erkennen.

Denn die Ursachen für Missgunst und ein schlechtes Arbeitsklima sind meist in der Führungsebene verankert. Grundlegende Regeln helfen Neid abzufedern. So sollten neue MitarbeiterInnen nicht unmittelbar ältere und ranghöhere MitarbeiterInnen ersetzen. Stattdessen sollte ihnen die Möglichkeit gegeben werden, ihren Status selbst zu erarbeiten. Da Neid meist nur auftritt, wenn Aufgaben direkt miteinander verglichen werden können, ist auch eine räumliche Mitarbeitertrennung bei der Neidregulierung hilfreich. Führungskräfte müssen zudem sicherstellen, dass alle MitarbeiterInnen die gleiche Chance haben, das zu erhalten, auf das alle neidisch sind; sei es mehr Anerkennung, mehr Gehalt, Weiterbildung oder ein schöneres Büro.

Unter den richtigen Bedingungen und einer achtsamen Führungskraft, die Konkurrenz steuert, steigert Neid durchaus die Produktivität. Zu den richtigen Bedingungen zählen die gleiche Verteilung von Aufgaben und die Leistungsmessung an objektiven und transparenten Kriterien. Anreizsysteme in Form von Teamboni, bei denen das Miteinander und nicht das Gegeneinander gefördert wird, sind ein zusätzliches Tool für Führungskräfte, um eine gesunde Konkurrenzsituation zu generieren. Voraussetzung dafür ist, dass alle Beteiligten vergleichbare Arbeit und Leistung erbringen. Diese muss dann auch fair beurteilt und gelobt werden – denn so vermittelt die Führungskraft Wertschätzung und das Gefühl, wahrgenommen zu werden.

DIE GENERATION Y KÄMPFT
Besonders Job-Neulinge werden mit Missgunst konfrontiert. Sie werden von eingesessenen MitarbeiterInnen als potenzielle KonkurrentInnen und Störfaktoren wahrgenommen. Denn neue KollegInnen müssen eingearbeitet werden, sie halten den Arbeitsfluss auf und bringen unter Umständen die Hierarchie durcheinander. Noch schlimmer ist es, wenn neue, junge MitarbeiterInnen gleich in eine Führungsposition kommen: Wie hat er oder sie das geschafft? Wieso er und nicht ich? Warum wird der Neuen mehr zugetraut als mir? Junge Vorgesetzte spüren Neid wie niemand sonst. Der Karrieresprung wird argwöhnisch betrachtet, die Integration in das bestehende Team wird dem Neuankömmling schwer gemacht.

Doch die Generation Y ist mit dem Thema Konkurrenz schon seit dem Studium vertraut, denn die Standardisierung von Studiengängen macht Leistungsvergleiche leicht. Klar vorgegebene Studienverläufe schüren die Angst, zurückzubleiben und den Anschluss an die anderen zu verlieren. Der soziale Druck wächst und mit ihm auch die gefühlten „Must-haves“ in den Köpfen: Fremdsprachen, Auslandserfahrung, Praktika. Die Elitelogik treibt StudentInnen an und versetzt sie in den Wettstreitmodus. Förderungen werden gezielt schlechtgeredet, Aufnahmebedingungen falsch geschildert, um potenzielle RivalInnen fernzuhalten. Zeit zur Selbstfindung und zum Ausprobieren ist bei sterilen Lebensentwürfen oft undenkbar. So kommt es, dass viele LeistungsträgerInnen von morgen verzweifeln bevor die Karriere richtig begonnen hat.

ZAHN UM ZAHN
Wie gehen Männer und Frauen mit Konkurrenz und Neid um? Vordergründig wenden die beiden Geschlechter ähnliche Strategien an, um KontrahentInnen auszustechen. Sie sind fleißig, machen sich unentbehrlich, knüpfen Netzwerke, um Informationsvorteile zu erhalten, und suchen sich Verbündete, um den Aufstieg zu schaffen.

Im Empfinden und im Umgang mit Missgunst lassen sich allerdings beachtliche Unterschiede feststellen. Frauen tendieren dazu, sensibel auf Neid zu reagieren. Sie nehme ihn als bedrohlich wahr und erleben ihn als persönlichen Angriff, durch den sie viel verlieren können. Konflikte werden deshalb eher vermieden, individuelle Leistungen für die ganze Mannschaft verbucht. Doch nicht alles muss man teilen: Eigene Erfolge müssen zelebriert und dürfen nicht heruntergespielt werden, um den beruflichen Aufstieg zu fördern. Für Männer hingegen geht es bei Konkurrenzsituationen meist um die Sache selbst, wie eine Gehaltserhöhung, beruflichen Aufstieg oder ein Projekt. Wettstreite lösen sie mit Distanz zu KollegInnen und Nähe zu Vorgesetzten.

Die geschlechterspezifischen Unterschiede im Empfinden und Handeln haben ihren Ursprung in den traditionellen Rollenbildern: Der Kampf nach Erfolg wird eher den Männern zugeschrieben, Harmonie und Nachsicht ist hingegen Teil der Frauenrolle. Mit der Feminisierung der Arbeitswelt haben langsam weibliche Strukturen und Soft Skills Einzug in Unternehmen genommen. Das wird auch im erfolgreichen Umgang mit Neid deutlich. Defensive Strategien, die Missgunst einfach auslaufen lassen, helfen die Wogen in angespannten Teams wieder zu glätten: „Jeder hat irgendwann mal Glück. Diesmal war ich dran.“ Und loben Sie die anderen: „Ohne euch hätte ich das alles nicht geschafft.“ Wenn alle Versuche fehlschlagen, hilft nur noch ein offenes Gespräch mit der Quelle des Unmutes: der Führungskraft.