Sparkassen Zeitung

Economy

Interview: Wir wollen jenen Menschen Mut machen, die große Ziele haben

Ausgabe #1/2017 • #glaubandich

Die neue Kampagne #glaubandich der heimischen Sparkassen erweckt Aufmerksamkeit. Die Botschaft ist Motivation der KundInnen und Leistungsversprechen der Bank zugleich: ein origineller Ansatz, nicht ohne Risiko, wie der Chef der Erste Group, Andreas Treichl, einräumt. Seit einigen Wochen sind die Sujets medial präsent. Sie setzen auf Optimismus,  Aufbruchsstimmung und Regionalität, was den Präsidenten des Sparkassenverbandes, Gerhard Fabisch, sehr freut. Wir haben beide Herren zum Interview gebeten.

Sparkassenzeitung: Was waren die Motive für die Entscheidung, eine ebenso unkonventionelle wie originelle Kampagne bundesweit auszurollen?

Gerhard Fabisch: Wir wollten ein optimistisches Signal setzen und gleichzeitig werblich wie wettbewerbspolitisch neue Wege gehen. Unser Land braucht mehr denn je Menschen, die an sich glauben. Folgerichtig brauchen diese auch eine Bank, die an sie glaubt. Die Kampagne ist somit der Versuch, die Distanz zwischen Kunden und dem betreuenden Bankinstitut zu verringern, Ideen zu verwirklichen und die Österreichernnen und Österreicher zur persönlichen Leistung zu ermuntern.

 Alles sehr hehre Ziele. Kann das die Kampagne leisten?

Andreas Treichl: Wir haben uns die Sache nicht leicht gemacht und sind uns der Risiken voll bewusst. Deshalb haben wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frühzeitig intensiv informiert und auf die Grundaussage gut vorbereitet. Das Generalmotto ist ein hoher Anspruch an uns selbst. Denn diese Marketing- und Werbeoffensive inkludiert beispielsweise die delikate Aufgabe, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkassen einem Kunden auch einmal Nein sagen und dies überzeugend begründen müssen. Denn so mancher, der auf der Basis objektiver Kriterien einen Kredit nicht bekommen kann, wird dem Sparkassen-Berater dann frustriert erwidern: Warum glaubt ihr nicht an mich? Der Erfolg der Kampagne steht und fällt also mit der Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Fabisch: Als Sinnbild für den Glauben an sich selbst wird die wahre Geschichte der jungen Eishockeyspielerin Anna erzählt. Sie spielt heute in einer Jugendmannschaft und hat es mit unbändigem Willen und sportlicher Ausdauer tatsächlich geschafft, in die Männerdomäne einzudringen. Dieser feste Glaube an die eigenen Fähigkeiten dokumentiert anschaulich die Typologie jener, an die sich diese Werbekampagne wendet. Derzeit werden ja in unserer Gesellschaft primär Ängste, Sorgen und Probleme artikuliert. Daher wollen wir den Menschen bewusst Mut machen, vor allem jenen, die große Ziele haben.

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„WIR WOLLEN DEN MENSCHEN MUT MACHEN.“

Gerhard Fabisch
Präsident Sparkassenverband

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War es schwierig, sich im Rahmen der Kampagne zu so einer gewichtigen Botschaft durchzuringen?

Fabisch: Eigentlich lag das Thema auf der Hand. Die letzten Jahre waren für viele Österreicherinnen und Österreicher wirklich schwer und es drohte uns die Zuversicht in die Zukunft abhanden zu kommen. Dabei haben wir keine schlechte Ausgangsposition. Die Wirtschaft läuft besser als wir glauben und auch sonst geht es unserem Land sehr gut. Was aber fehlt, ist der Glaube an uns selbst, und diesen Schatz müssen wir wieder heben. Unsere Kampagne soll den Menschen in unserem Land wieder Mut machen, den Aufbruch zu wagen. Ich glaube fest daran, dass uns das gelingen wird.

Treichl: Der Mittelstand ist ja seit Jahren mit recht heftigen Kollateralschäden der Niedrigzinspolitik der EZB konfrontiert. Derzeit ist ja kaum ein nennenswerter Kapitalaufbau etwa der privaten Haushalte möglich. Es ist daher die Beratungskompetenz einer Bank für Sparer und Anleger gefragt. Dazu gesellt sich eine seit der Finanzkrise dramatisch angestiegene Zahl von Regularien, die auf beiden Seiten der Bilanz die Dispositionen erschwert. Nun soll diese Offensive vermitteln, dass wir die Probleme jedes und jeder Einzelnen erst nehmen und gemeinsam nach maßgeschneiderten Lösungen suchen, die die jeweilige Risikobereitschaft des Kunden oder der Kundin nicht überspannen. Wir tragen dabei die Verantwortung für das, was wir den Kundinnen und Kunden konkret empfehlen. In diesem Sinne müssen wir dann auch von einem Produkt expressis verbis abraten.

Das ist ein hoher wirtschaftsethischer Anspruch.

Treichl: Den sind wir meiner Überzeugung nach – nicht zuletzt im Hinblick auf die Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 – unseren Kundinnen und Kunden schuldig. Es wird oft übersehen, dass die Sparkassengründung vor rund 200 Jahren auf dem Glauben an die Menschen basierte. Schon damals ging es um die Mehrung des Ersparten und die Gewährung von Krediten für die Verbesserung der eigenen Lebensumstände.

Die österreichische Wirtschaft wächst zwar wieder, aber das Wirtschaftswachstum hat noch nicht die Dynamik, um einen spürbaren Beitrag zur Senkung der Arbeitslosigkeit zu leisten. Die Politik setzt seit einigen Wochen ebenfalls auf Stimulierung der Investitionen. Ist dieses zeitliche Zusammenfallen ein Zufall?

Treichl: Was uns betrifft, ja! Im Ernst: Wir wollen auch an Unternehmenskunden glauben, die auf Basis eines überzeugenden Geschäftsmodells auf Weiterentwicklung und Investitionsbereitschaft setzen. Zum Wirtschaftsaufschwung gehören Optimismus und die daraus resultierenden Investitionen, die die Sparkassen aktiv begleiten wollen. Die heimischen Sparkassen stellten bisher für unternehmerische Investitionen beachtliche elf Milliarden Euro bereit. Jetzt ist die Zeit gekommen, dass die Kreditwirtschaft positive Zeichen setzt. Die Sparkassen wollen damit bekräftigen, dass sie im Kommerzkundengeschäft stark engagiert bleiben und auch volkswirtschaftliche Verantwortung
übernehmen.

Wie wird es mit der Kampagne weitergehen?

Fabisch: Es folgen jetzt neue Sujets, die auf Produkte eingehen. In weiterer Folge gibt es dann eine zielgruppenspezifische Ansprache für Unternehmerinnen und Unternehmer, Freiberufler, Jugendliche allgemein und Studierende im Besonderen. Diese Marketing-Offensive hat ihre eigene Dramaturgie. Im Zuge der Kampagne sind auch alle eingeladen spezifische Aktivitäten sowie ureigene Ideen zu präsentieren.

Ich betone nochmals die Regionalität: Wir als Sparkassen schaffen Wert. Denn wir glauben an das Regionalitätsprinzip. Das betrifft nicht nur die Investitionen, die wir ermöglichen, oder die Arbeitsplätze, die wir schaffen – auch das Gemeinwohl liegt uns ganz besonders am Herzen. Auch das gilt es zu vermitteln.

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„DIE SPARKASSEN–MITARBEITER TRAGEN BEI
DIESER MARKTOFFENSIVE HOHE VERANTWORTUNG.“


Andreas Treichl
CEO Erste Group

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Treichl: Zur Ergänzung des Hintergrundes der Kampagne: Wir sind überzeugt, dass die finanzielle Bildung Teil unseres Auftrags ist. Um das Finanzwissen ist es ja hierzulande nicht zum Besten bestellt. Mit unseren Kundinnen und Kunden auf Augenhöhe zu sprechen und Bewusstsein für das eigene Geldleben zu schaffen hat höchste Priorität bei den Sparkassen. Darüber hinaus bringen wir jährlich rund 40.000 Schülerinnen und Schülern aktiv den richtigen Umgang mit Geld näher.