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Economy

Les Misérables - Weshalb bringt Europa so wenig erfolgreiche Start-Ups hervor?

Ausgabe #5/2015 • Trends

Es gibt 108 Start-ups auf der Welt, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind. Gerade einmal neun davon kommen aus Europa. Was sind die Gründe dafür, dass Europa – trotz des guten Bildungsgrades und der hohen sozialen Standards – für Start-ups nicht der richtige Ort zu sein scheint?

  1. Europa ist nicht ein Markt. Wahrend jedes US-Startup einen Markt von 300 Millionen potenziellen KonsumentInnen vor der Hausture hat, gilt es in Europa landerspezifische Regularien zu beachten, dutzende Sprachen zu integrieren und kulturelle Gepflogenheiten zu berucksichtigen. Kein leichter Start.

 

  1. Die europaische Regulierungswut. Der Krummungsgrad fur importierte Bananen ist das Paradebeispiel. Gluhund Halogenbirnen, kunstlicher Zimt: Die EU reguliert in langwierigen Prozessen samtliche Handelsprozesse. Alle involvierten Lander mussen einer Neuordnung zustimmen. Dabei vergehen Jahre. Fur Start-ups bedeutet das zusatzliche Hurden, die ihren KollegInnen jenseits des Atlantiks vollig fremd sein durften. Europa bestimmt, dass KonsumentInnen zustimmen mussen, wenn Cookies installiert werden. Das ist nur ein Fall. Start-ups profitieren, wenn sich Markte von unten heraus verandern. In Europa wird der Markt von der Politik, also von oben nach unten reguliert. Das bringt selten einen Vorteil.

 

  1. Europa fehlt ein wahrer Hub. Ein Anziehungspunkt, zu dem die Talente des Kontinents stromen konnen. New York, das Silicon Valley sind wahre Schmelztiegel an Wissen und Innovation. Dort erfinden sich neue Geschaftsmodelle aus der kreativen Masse heraus. Dieser metropole Magnet fehlt in Europa. Jedes Land bastelt an seinem eigenen, nationalen Hub.

 

  1. In Europa fragt man nach. Der Erfolg von Uber, Airbnb und anderen war schon da, als sich staatliche Institutionen meldeten und nach Regulierungen verlangten. Airbnb hatte den Rollout schon hinter sich, als die Hotelbranche erste tiefschurfende Fragen hatte und sie gerichtlich klaren lies. In Europa fragt man zuerst an und richtet sich im Anschluss nach den Vorgaben. Das mag an kulturellen Unterschieden in der Business-Konditionierung liegen, hemmt aber die Entwicklung wahrhaft durchschlagender Start-ups.

 

  1. Es fehlt an Geld und an Risikobereitschaft. Die europaischen InvestorInnen verlangen nach felsenfesten Regeln fur ihre Investments und nach wasserdichten Businessplanen. Auch hier bremsen die Burokratie und der ausufernde Zugriff des Staates. Deshalb fluchten viele GeldgeberInnen in Regionen, in denen sie sogar Geld vom Staat zuruckbekommen, wenn ein Investment schief lauft. Nach Grosbritannien zum Beispiel. Oder eben in die USA.

 

  1. Die Lobbys machen die Politik. Ein Hemmschuh fur Start-ups sind auch neu angelegte Initiativen wie die Aufhebung der Netzneutralitat durch die EU. Kunftig sollen einige Unternehmen bevorzugt mit schnellem Internet ausgestattet werden. Ein groses Geschaft fur die etablierten Provider. Jene neuen Unternehmen also, die erst eine Nutzerschaft aufbauen mussen, die erst einmal keine laufenden Einkunfte haben und finanziell von Risikokapitalgebern abhangig sind, sollen kunftig Telekom-Anbieter dafur bezahlen, dass ihre Inhalte storungsfrei bei den NutzerInnen ankommen. Das grenzt an Erpressung.

 

  1. Steuersatze. In Osterreich zahlen JungunternehmerInnen vom ersten Umsatz an gewaltige Summen an Steuer und Sozialversicherung, die 50 Prozent ihrer Einnahmen verschlingen. Diese konnten gut fur den Ausbau des Unternehmens, neue Angestellte oder die Infrastruktur verwendet werden. Leider sind auch dort die Regularien derart verstaubt, dass diese Unterfangen fur viele unmoglich werden.