Sparkassen Zeitung

Economy

Bargeld ist ein Stück individueller Freihei

Ausgabe #3/2017 • Next Generation

Der Kundenwunsch bleibt der wichtigste Parameter für die Geschäftspolitik der österreichischen Sparkassen. Das gelte für die technisch-organisatorische Abwicklung des Bankgeschäfts ebenso wie für das Geschäftsmodell schlechthin: Franz Portisch, Generalsekretär des Österreichischen Sparkassenverbandes, unterstreicht im Interview das Bekenntnis des Sparkassenverbandes zum Bargeld, zur Innovationsführerschaft bei den digitalen Dienstleistungen und zur effizienzorientierten Begleitung der wachsenden Zahl von Privat- und KreditkundInnen in der Sparkassengruppe.

Sparkassenzeitung: Sie haben sich vor Kurzem öffentlich vehement gegen Einschränkungen im Bargeldverkehr ausgesprochen. Warum gerade jetzt?

Franz Portisch: Die EU-Kommission prüft aktuell, ob eine EU-weit einheitliche Obergrenze bei Barzahlungen dazu beitragen kann, die Finanzierung von Terrorattacken zu erschweren. Der Sparkassenverband stellt sich vehement gegen diese Pläne, die Bargeldzahlungen zu behindern. Wir haben unsere Position schon in Brüssel unmissverständlich deponiert. Denn die Sparkassen in Österreich wollen ihren Kundinnen und Kunden die Wahlmöglichkeit und persönliche Freiheit lassen, mit Bargeld, Karte oder per Onlinebanking zu bezahlen. Das ist der dezidierte Kundenwunsch, dem wir Rechnung tragen müssen. Zuerst ist das Bankgeheimnis mittels amtlichem Kontenregister de facto gefallen, und jetzt soll schrittweise das Bargeld abgeschafft werden. Damit ist wieder ein Stück Privatsphäre in Gefahr. Daher dieser Vorstoß: Wehret den Anfängen. Die einschlägigen Sorgen der Menschen, die ja durch das Abschaffen der 500-Euro-Note nicht kleiner werden, sind zu beachten. Und Bargeldzahlungen in einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Terrorismus zu stellen – da stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht.

Sie sind jetzt eineinhalb Jahre in der Funktion des Generalsekretärs im Sparkassenverband tätig. Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen?

Portisch: Ich kenne den Verband seit vielen Jahren aufgrund meiner unterschiedlichsten Funktionen in der Gruppe. Meine bisherige Arbeit im Verband hat mein positives Bild bestätigt: Tag für Tag wird mit großem Engagement für die Sparkassengruppe gearbeitet. Mit Überzeugung und Elan sind wirklich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verbandes bemüht, bestmögliche Leistungen und Problemlösungen für die Mitglieder zu erbringen. Der Verband versteht sich als Interessenvertretung der heimischen Sparkassen, die mit großer Sensibilität vorgehen muss, weil sie eine durchaus heterogene Grundgesamtheit optimal zu vertreten hat. Hier wird der legendäre Sparkassengeist, der uns schon seit fast 200 Jahren auszeichnet, im operativen Alltag ebenso wie in den Grundsatzpositionen überzeugend gelebt. Das ist das Verdienst eines hochmotivierten Teams.

Sowohl in der Recommender-Studie wie auch in einer großen Glaubwürdigkeitsanalyse von marketagent rangieren die Sparkassen auf Spitzenplätzen in der Kreditwirtschaft. Wie ist dieser Erfolg zu erklären?

Portisch: Das ist der Lohn harter Arbeit. Schon seit fast 200 Jahren setzen wir auf eine intensive und nachhaltige Kundenbeziehung. Was für uns zählt, ist der Kunde. Deshalb sind wir auch besser durch die Finanzkrise gekommen, weil unsere Kundinnen und Kunden uns vertrauen und wir auch rechtzeitig die richtigen Entscheidungen getroffen haben. Wie sehr sich unser Einsatz für die Kunden lohnt, zeigen die Zahlen. Allein im Vorjahr konnten die Sparkassen rund 240.000 Neukundinnen und -kunden gewinnen. Das Vertrauen der Kunden ist gerade im Bankgeschäft die härteste Währung.

Mit der Onlinebanking-Plattform „George“ konnte vor Kurzem – nur zwei Jahre nach der Markteinführung – die Eine-Million-Marke bei den Userinnen und Usern überschritten werden. Was macht George so besonders?

Portisch: Es ist derzeit einfach das beste Onlinebanking in Österreich. Aktuell gibt es kein besseres Produkt als George.

War das angesichts der eher konservativen Kundenstruktur nicht eine Überraschung?

Portisch: Der riesige Erfolg hat uns überrascht, aber George war perfekt vorbereitet und es gab kaum Kinderkrankheiten. Zudem wurde das Produkt gemeinsam mit den Kundinnen und Kunden genau auf deren Bedürfnisse hin entwickelt. Auch im Internet zeigt sich, dass Kundennähe die oberste Maxime sein muss, dann wird das Produkt auch angenommen. George rundet nun unsere Omnichannel-Strategie perfekt ab. Der Kunde und die Kundin können selbst und situationsabhängig wählen, wie sie betreut werden möchten: in den rund 1.000 Filialen, via Telefon oder rund um die Uhr im Internet. Wir sind immer für unsere Kunden verfügbar.

Ein großes Thema der Vergangenheit war die wachsende Zahl der Regulatoren und der Regularien. Jetzt stünde Basel IV zur Debatte, aber man gewinnt den Eindruck, dass die USA daran derzeit kein Interesse haben und auch in Europa wenig Begeisterung dafür aufkommt.

Portisch: Also aus meiner Sicht ist Basel IV nicht tot. Bei den nationalen wie internationalen Regulatoren sind – im wahrsten Sinne des Wortes – Hundertschaften von Regulierungsexpertinnen und -experten tätig, die ja nicht eines Tages beschließen werden, dass ihr Werk vollendet ist. Solche Systeme haben immer eine Eigendynamik. Es zeichnet sich aber ab, dass auch die Politik langsam zur Einsicht gelangt, dass eine überbordende Regulierung auch volkswirtschaftlich unerwünschte Nebeneffekte haben kann. Bei Basel IV geht es um die Entscheidung, wer in Zukunft die zu unterlegenden Eigenmittel ermitteln soll: die einzelnen Kreditinstitute nach festgelegten Messgrößen oder die Regulatoren selbst. Ich halte es aber derzeit für zu früh, von Entscheidungen in die eine oder andere Richtung auszugehen. Sollten die US-Amerikaner an diesem Thema wirklich mittelfristig jedwedes Interesse verlieren, dann kann ich mir im Gegenzug nicht vorstellen, dass die Europäer weiterhin in diese Richtung drängen werden. Gerade jetzt beim Wirtschaftsaufschwung ist die ausreichende Versorgung der Unternehmen mit Fremdkapital ein sehr sensibles Thema. Besonders in Europa, wo KMU kaum Möglichkeiten haben, sich über den Kapitalmarkt zu finanzieren. Lassen Sie es mich überspitzt formulieren: Nur der nicht vergebene Kredit kann nicht notleidend werden und verursacht somit auch keine Risikokosten!