Sparkassen Zeitung

Economy

Professionelles "Nicht-Kommunizieren" als Erfolgsfaktor für Unternehmen

Ausgabe #4/2017 • Rückgrat der Wirtschaft

Das berühmte Zitat des Kommunikationsforschers Paul Watzlawick, „Man kann nicht nicht kommunizieren“, ist vor allem im Arbeitsalltag der Beschäftigten eines Unternehmens von hoher Bedeutung. Selbst wenn man nicht direkt mit seinen KollegInnen oder Angestellten oder den MitarbeiterInnen seiner Angestellten kommuniziert, wird dieses Verhalten als kommunikativer Akt verstanden, der etwa als fehlendes Interesse oder als ausgeprägtes Hierarchiedenken interpretiert werden kann. Darum ist professionelle interne Kommunikation für ein Unternehmen besonders wichtig. Wenn die Kommunikation zwischen den MitarbeiterInnen und den Vorgesetzten gut funktioniert, werden viele Fehler und Probleme verhindert, da Missverständnisse rasch ausgeräumt werden können.

Ähnlich, aber noch um einiges komplexer, verhält es sich in der externen Kommunikation. Sie haben es sicherlich schon erlebt: Sie schreiben eine E-Mail oder rufen jemanden an, sprechen auf die Mobilbox, und erhalten über Tage, ja Wochen keine Reaktion, irgendwann das ersehnte Feedback – oder gar keine Antwort. Was schließen Sie daraus? Die Reaktion auf die Nicht- oder (Zu-)Spät-Reaktion fällt vielfältig aus: Von Unprofessionalität über Arroganz bis Vergesslichkeit oder Urlaubsstress (ohne Aktivierung des automatischen Abwesenheitsassistenten) werden dem säumigen Kontakt viele Gründe unterstellt. Deutlich kürzere Abstände zwischen Schreiben und Antworten erwartet man sich generell bei SMS, WhatsApp und dergleichen Kurzmeldungen: Je nach Person und Dringlichkeit ist im dienstlichen Bereich von Sofort-Rückmeldung bis zur Antwort am selben Tag ein gewisser Spielraum gegeben, aber eben nur ein gewisser.

Es existieren inzwischen zahlreiche äußerst hilfreiche Kommunikationswerkzeuge, die aber auch spezifische Erwartungshaltungen mit sich bringen, sobald man sich als TeilnehmerIn „outet“ – als Privatperson oder auch als MitarbeiterIn einer Firma. Dazu zählen Facebook, Twitter, Instagram, Messenger genauso wie andere webbasierte soziale Netzwerke zur Pflege bestehender und zum Knüpfen neuer geschäftlicher Verbindungen wie LinkedIn, Xing und wie sie alle heißen. Diese bieten Chat- und Nachrichtenfunktionen an. Ist man (zahlendes) Premium-Mitglied, wird auch angezeigt, wer das eigene Profil ansieht, was ebenfalls bereits einen Kommunikationsakt darstellt. Wenn auch der Interpretationsspielraum ein sehr breiter ist: Schließlich kommt es darauf an, wer der Besucher oder die Besucherin meines Profils ist, was meine letzten öffentlichen Beiträge in dem Netzwerk waren, oder das Interesse kommt durch einen neuen Kontakt, der wiederum mit einer anderen Person über mich gesprochen und mich schlichtweg ‚gegoogelt‘ hat; denn bei dieser Art von Internetrecherche sind Profile in sozialen Netzwerken und veröffentlichte Artikel meist recht prominent gelistet. Ob es sich lohnt für solch diffuse Informationen wie Profilaufrufe Mitgliedsbeiträge zu zahlen, muss jeder für sich abwägen, genauso wie die eigene Kommunikation oder Nicht-Kommunikation in den diversen Kommunikationsplattformen.

Was kann ich nun tun, wenn ich viele Kommunikationskanäle nutze, oder wenn ich nur ausprobieren möchte, ohne andere TeilnehmerInnen durch Nicht- oder Zu-Spät-Antworten vor den Kopf zu stoßen? In erster Linie gilt das persönliche Abwägen von Dringlichkeit und Hierarchie. Wir müssen ein Feingefühl für Bedeutung und Höflichkeit entwickeln und dieses, je nach Kommunikationskanal, auch schulen. Manche MitarbeiterInnen richten sich eine E-Mail-Benachrichtigung ein, wenn sie etwa nur einmal im Monat ihren Twitter-, LinkedIn oder sonstigen Account checken, falls sich jemand auf den Plattformen melden sollte. So wissen sie Bescheid, wenn sich jemand meldet, können aber immer noch entscheiden, ob sie antworten wollen oder nicht. Dies setzt allerdings eine wohlgeordnete E-Mail-Organisation voraus und wirkt der weitverbreiteten E-Mail-Flut nicht gerade entgegen. Fakt ist vielmehr, dass auch E-Mails langfristig eher als „sterbende Spezies“ einzuordnen sind und in Unternehmen immer mehr neue, ganzheitliche Kommunikationslösungen angestrebt werden.

Welche Kommunikationskonstellation auch immer wir in unserem Büroumfeld vorfinden, wir müssen uns täglich neu entscheiden, wie, wann und mit wem wir kommunizieren, und dabei miteinbeziehen, dass wir nicht nur mit Worten, sondern auch mit unserem (Nicht-)Antwort-Verhalten kommunizieren.

Als Schlussfolgerung könnte man die These von Paul Watzlawick um einen weiteren Satz ergänzen: „Auch Nicht-Kommunizieren muss gelernt sein.“

Markus Nepf leitet die Stabsstelle Kommunikation des Österreichischen Sparkassenverbandes