Sparkassen Zeitung

Economy

"Banken verändern auch die Gesellschaft"

Ausgabe #5/2017 • Ideas for the Future

Klaus Bergsmann, Head of Group Sustainability Office der Erste Group, über Nachhaltigkeit in einer Bank, gesellschaftliches Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und warum ein Kreditinstitut einen großen Hebel hat, die Gesellschaft zu verändern.

Sparkassenzeitung: Sie sind der Nachhaltigkeitsmanager der Erste Group. Warum muss man sich auch in einer Bank um die Themen Nachhaltigkeit und Ökologie kümmern?

Klaus Bergsmann: Schon im Gründungsauftrag haben sich die Sparkassen zum nachhaltigen Wirtschaften verpflichtet, indem die Weiterentwicklung des Einzelnen und der Gesellschaft wichtiger war als kurzfristige Gewinne. Zusätzlich hat die Erste Group vor etwa fünf Jahren begonnen sich auch mit den ökologischen Aspekten der Nachhaltigkeit intensiver zu befassen. Zum Glück nahmen wir damit eine Vorreiterrolle ein, denn heute gibt es schon gesetzliche Verpflichtungen über „nichtfinanzielle Daten“ zu berichten – wie zum Beispiel den Energieverbrauch oder die Gender-Verteilung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nachdem wir schon früher damit angefangen haben, ist es für uns heute keine unlösbare Herausforderung.

Wie weit wird der Begriff der Nachhaltigkeit in der Erste Group gefasst?

Bergsmann: Das Sustainability Office in der Holding kümmert sich nicht nur um die ökologische Nachhaltigkeit unseres Unternehmens, sondern auch um Diversität und Corporate Volunteering. „Diversity“ betrifft Themen wie Geschlechter- oder Generationenmanagement, die unter anderem durch die unterschiedlichsten Aktivitäten, wie den „Women‘s Hub“ oder „Erste Color“, in den verschiedensten Bereichen im Unternehmen gefördert werden.

Sie haben in der Erste Group auch eine Freiwilligen-Plattform, die „Time Bank“, geschaffen. Was darf man sich darunter vorstellen?

Bergsmann: Mit unserer Corporate-Volunteering-Initiative „Time Bank“ unterstützen wir das gesellschaftliche Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das heißt, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer Freizeit bei NGOs tätig sind – dabei reicht das Spektrum von der Feuerwehr über die Caritas bis hin zur Jugendarbeit – dann unterstützen wir das als Unternehmen. Gemeinsam mit einigen Sparkassen haben wir hier eine Plattform im Intranet geschaffen, die dieses Engagement unterstützt.

Und wie sieht das konkret aus?

Bergsmann: Wenn zum Beispiel die Caritas sagt, dass sie für den Großraum Wien jemanden sucht, der einmal im Monat zwei Stunden einen Jugendlichen oder behinderten Menschen betreut, dann stellen wir das auf unsere Plattform, und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich dafür melden. Es haben sich bereits 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und 50 NGOs auf unserer Plattform registrieren lassen. Ich möchte betonen, dass das natürlich völlig freiwillig ist. Ähnliche Aktivitäten gibt es auch in unseren CEE-Tochterbanken.

Wie unterstützt die Bank dieses Engagement?

Bergsmann: In einigen unserer CEE-Töchter wird die Freiwilligentätigkeit durch zusätzliche Urlaubstage gefördert. Dieses Ziel haben wir auch für Österreich, wo wir aber noch einige offene Themen zu lösen haben. Natürlich lässt sich damit nicht der Gesamtaufwand und das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kompensieren, aber es unterstreicht, dass wir diese Leistung anerkennen und fördern.

In der Erste Group wird das Thema Umweltschutz großgeschrieben. Doch eine Bank ist kein Industrieunternehmen mit rauchenden Schloten. Was lässt sich hier wirklich optimieren?

Bergsmann: Stimmt, wir sind kein Industriebetrieb, der große Mengen an Abfall oder Abgasen produziert, aber insbesondere bedingt durch die Rechenzentren verbrauchen wir viel Energie, und das Bankgeschäft verbraucht immer noch große Mengen an Papier.

Hat die Digitalisierung keine Auswirkungen auf die Papiermengen?

Bergsmann: Die Digitalisierung im Büro greift erst langsam. Durch viele sehr unterschiedliche Maßnahmen konnten wir in der Erste Group die Papiermenge von 2.000 Tonnen pro Jahr noch vor fünf Jahren auf aktuell 1.400 Tonnen senken. Aber es wird noch immer zu viel unbedacht ausgedruckt. Wir haben in der Zwischenzeit in der Erste Group und auch in allen CEE-Banken auf 100 Prozent Recycling- Papier umgestellt – leider noch nicht bei vielen Sparkassen. Natürlich gab es anfangs viele Diskussionen darüber, ob man in der Kundenkorrespondenz nicht besser reinweißes Papier nutzen sollte, aber weniger als fünf Prozent des gedruckten Kopierpapiers wird für die Kundenkommunikation verwendet. Inzwischen werden Verträge und Eingaben bei Behörden selbstverständlich auf Recyclingpapier gedruckt, ohne negative Reaktionen. Wir benötigen und verbrauchen Recyclingpapier mit einer hohen Qualität, damit schützen wir zwar die Umwelt, aber es ist nicht billiger als weißes Papier. Das heißt, man muss sich eine Umstellung auch leisten wollen.

Die Erste Group ist erst vor etwas über einem Jahr in die neue Zentrale im zehnten Wiener Gemeindebezirk umgezogen. Wurde auch bei diesem Gebäude auf die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit geachtet?

Bergsmann: Schon in der Planung haben wir großen Wert darauf gelegt, dass das Gebäude nicht nur eine neue Art der Kommunikation zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt, sondern auch sehr hohen ökologischen Anforderungen entspricht. Heute ist der Erste Campus mit der höchsten verfügbaren Auszeichnung der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen zertifiziert – Platin DGNB/ÖGNB. Aktuell sind wir mit unserer neuen Konzernzentrale vermutlich eines der ökologischsten Bürogebäude in Wien. Zum Beispiel verbraucht der Erste Campus, in dem derzeit mehr als 5.000 Menschen jeden Tag arbeiten, keinen Kilo fossilen Brennstoff. Wir verwenden ausschließlich Strom aus erneuerbaren Quellen, Geothermie und Fernwärme/Fernkühlung, und beides kommt im Wesentlichen aus der Müllverbrennung in Wien. Regenwasser wird aufgefangen in Zisternen und als Nutzwasser für Grünflächen und WC-Anlagen verwendet. Mit 32 Stromladestellen in der Tiefgarage sind wir auch für die Elektromobilität gut gerüstet.

Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung der Erste Group oder gibt es noch weiteres Optimierungspotenzial aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten?

Bergsmann: Ökologisch betrachtet sind wir selbst als Bank sicher sehr gut aufgestellt. Aber wir widmen uns bereits der Frage: Wie groß sind der ökologische und der soziale Impact unserer Bank auf die Gesellschaft? Banken verändern die Gesellschaft, auch durch Finanzierungen und Investments. Finanzieren wir zum Beispiel ein Kohlekraftwerk, so hat das für viele Jahrzehnte negative Auswirkungen auf unsere Umwelt. Hier haben wir einen großen Hebel für Veränderungen und den wollen wir in Zukunft verstärkt nutzen.

Das heißt, dass es nicht nur darum geht, als Bank möglichst viel Geld zu verdienen, sondern Sie wollen in Zukunft noch stärker auswählen, womit Sie Geld verdienen?

Bergsmann: Das Sustainability Office konnte mitarbeiten an der Entwicklung von konzernweiten Kriterien für verantwortungsbewusstes Finanzieren. Dabei konzentrieren wir uns nicht nur auf rein ökologische Kriterien, wie zum Beispiel, dass keine neuen Kohlebergwerke mehr finanziert werden, sondern entscheiden auch, welche Branchen wir nicht finanzieren wollen, wie Kriegswaffen. Dieser Katalog wird laufend diskutiert und erweitert und ist auch öffentlich verfügbar. Im Grunde ist es nur eine konsequente Fortsetzung unseres Gründungsauftrags. Wir übernehmen Verantwortung für die Gesellschaft und versuchen diese mit unserem Handeln zu verbessern.

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"Sustainability kümmert sich bei uns nicht nur um die ökologische Nachhaltigkeit unseres Unternehmens, sondern auch um die Diversität und Corporate Vulunteering."

Klaus Bergsmann,
Head of Erste Group Sutainability Office

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