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Economy

Pionierinnen - Heimische Start-up-Community

Ausgabe #1/2016 • Wirtschaft, Region, Werte ... sind weiblich.

PIONIERiNNEN

In der heimischen Start-up-Community sind Frauen noch deutlich unterrepräsentiert. Nur 12 Prozent aller jungen Unternehmen haben weibliche Gründerinnen. Wie lässt sich dieses Phänomen erklären, und was können wir von Start-up-Frauen lernen?

Dem Start-up-Report von 2013 zufolge sind Firmengründungen von Jungunternehmerinnen in Österreich immer noch eine Seltenheit. Es ist ein Bild, das im Kleinen widerspiegelt, was im Großen längst bemängelt wird. Schon bei klassischen Firmengründungen gibt es weniger Frauen als Männer. Der Gründungsmonitor der Förderbank KfW von 2015 zeigt, dass 43 Prozent der Firmen von Frauen und 57 Prozent von Männern gegründet wurden. Diese Daten reihen sich nahtlos in die Debatte um den geringen Frauenanteil in Führungspositionen ein – Chef sein ist weiterhin Männersache.

35, MÄNNLICH, AKADEMISCH

Das klassische Profil eines Mitglieds der Start-up-Gemeinschaft liest sich wie folgt: 35 Jahre, Universitäts- oder FHAbschluss in Wirtschaft , Technik, Naturwissenschaft oder IT. Und männlich. Der geringe Anteil von Jungunternehmerinnen heizt nicht nur Diskussionen im Bereich Gender Diversity an, sondern kostet auch Innovation. Viele Frauen sind mit den Produkten am Markt unzufrieden, weil sie nicht aus weiblicher Sicht gedacht wurden. Hier herrscht ungenutztes Potenzial – sowohl für UnternehmerInnen als auch in KonsumentInnensicht. Die klassische Schönheits- und Beautyindustrie ist bereits in Frauenhand, sie wurde 2014 österreichweit auf 1,5 Millarden Euro geschätzt. Viele heimische Jungunternehmerinnen haben hier Fuß gefasst und ihre Start-ups in diesem Segment angesiedelt. Ihre Geschäft sideen sind auf moderne Strategien, Innovation und Nachhaltigkeit ausgerichtet.

ÖSTERREICHISCHE START UPFRAUEN

Eine erfolgreiche österreichische Jungunternehmerin ist Katharina Klausberger. Die 34-Jährige ist die Gründerin des mobilen Secondhand-Marktplatzes Shpock. Ihre 2012 lancierte App zählt mittlerweile zu den Top-Ten-Lifestyle-Apps im deutschen Raum und steht kurz vor der Expansion nach Großbritannien.

Shpock setzt auf Qualität und Nachhaltigkeit: Österreichische Haushalte bunkern im Schnitt ungenutzte Gegenstände im Wert von 964 Euro. Bei Shpock lassen sich diese unkompliziert in einer Bildergalerie anbieten und werden von neun Millionen potenziellen KäuferInnen und NutzerInnen gesehen. „Shpock ist mein Beitrag für die Umwelt. Für das Erfüllen dieses Traums bin ich sehr oft an meine Grenzen gegangen“, erzählt Katharina Klausberger.

Menschen zu helfen, die eigene Gesundheit besser zu verstehen, ist das Ziel von Bianca Gfrei, Gründerin des Health- Start-ups Kiweno. Mittels Do-it-Yourself-Tests ermöglich das prämierte Start-up, Nahrungsmittelunverträglichkeiten unkompliziert zu diagnostizieren. Obwohl Kiweno zu den erfolgreichsten Unternehmensgründungen in Österreich zählt, war der Weg dahin anfangs nicht ganz einfach. „Unsere Idee beansprucht viele zeitliche und finanzielle Ressourcen. Als Firmengründerin in Österreich braucht es sehr viel Proaktivität, Out-of-the-Box-Denken und Risikofreudigkeit. Das bedeutet auch, eingeschlagene Wege zu verlassen und Ideen zu verwerfen“, sagt die 25-jährige Tirolerin, die sich dafür entschied, EndkonsumentInnen direkt anzusprechen anstatt über Apotheken. Das Kiweno- Team mit Sitz in Innsbruck umfasst mittlerweile 16 Personen.

Bianca Gfrei,
Gründerin des Health-Start-ups Kiweno

„Ich habe selbst erlebt, wie kompliziert und vor allem teuer es ist, Unverträglichkeiten testen zu lassen. Mit der Idee, diesen Prozess zu vereinfachen, haben wir mittlerweile die Lebensqualität von 10.000 Menschen verbessert“, betont Gfrei. Das Start-up-Ökosystem in Österreich eignet sich gut zum Netzwerken, auch wenn es nicht San Francisco oder Tel Aviv ist.

 

 

Beate Wachter gründete im Oktober 2014 beauteo.at, eine Website, auf der man Termine für Kosmetikbehandlungen, Friseurbesuche und Wellnesstermine buchen kann. Die Mehrzahl der KundInnen und KooperationspartnerInnen des Portals sind weiblich. „Auf Start-up-Veranstaltungen sind vorwiegend Männer vertreten, die das Geschäftsmodell nicht verstehen und die Bedeutung der Beautybranche unterschätzen“, kritisiert die Jungunternehmerin.

Trotz aller Vorurteile hat sich Katharina Norden mit ihrem Start-up Three Coins der Finanzbranche gewidmet. Ihr Unternehmen versteht sich als Innovationslab für Finanzlösungen und entwickelt Werkzeuge sowie Lernumfelder, die einen verantwortungsbewussten Umgang mit Geld trainieren. „Finanzbildung ist ein Schlüssel zu einer fairen, nachhaltigen Gesellschaft und hilft Armut vorzubeugen“, sagt Norden.

ERFOLGSREZEPTE UND HINDERNISSE

Was sind die Schlüssel zum Erfolg, und weshalb sind Frauen in der Start-up-Welt so unterrepräsentiert? Schon im Gründerverhalten der Geschlechter lassen sich wesentliche Unterschiede feststellen. Bei Pitch-Veranstaltungen vor potenziellen InvestorInnen präsentieren Gründerinnen ihre Geschäftsidee oft nicht revolutionär genug.
„Bei der Präsentation der Idee muss der potenzielle Investor den Eindruck bekommen das Produkt sei etwas derart Bewegendes, ohne das die Welt nicht leben könnte“, meint Roland Gehbauer, Leiter des Wiener Gründercenters der Erste Bank. Um sich in der Start-up-Szene durchzusetzen ist es zudem notwendig, Ideen mit Weitblick zu haben. Ein Kritikpunkt könnte sein, dass nicht global, sondern nur an den lokalen KundInnenstamm gedacht wird. Expertinnen führen außerdem die positiv konnotierte Risikoaversion von Jungunternehmerinnen an, die auch im Finanzierungsverhalten deutlich wird: Frauen vermeiden es häufig, sich extern Investments sowie Fördergelder zu holen, um groß zu starten. Sie sind eher geneigt, ihr eigenes Geld zu investieren, um sparsam mit den vorhandenen Mitteln umzugehen. Frauen wie Katharina Klausberger oder Bianca Gfrei sind Beispiele dafür, dass frau sich in einem – derzeit noch – von Männern dominierten Umfeld durchsetzen kann. „Wichtig ist, dass man sich viel zutraut und die Stärken des Weiblichen nutzt, um die gesteckten Ziele zu erreichen“, weiß Gfrei. Frauen sind oft rhetorisch sehr begabt,  mit vielen Fakten bewaffnet und haben schnell eine treffsichere Antwort parat. Hinzu kommt, dass ein Mehrwert an Leistung für Mann und Frau Voraussetzung ist, um ein erfolgreiches Start-up zu gründen.

„Respekt bekommt man nur, wenn man mehr leistet als andere – das gilt für Männer und Frauen. Go  the extra mile, dann wirst du alle begeistern“, rät Norden von Three Coins.