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Economy

Das steckt hinter den Vorwürfen gegen Elektro-Autos

Ausgabe #5/2017 • Ideas for the Future

Wahrheit oder Mythos?

Vorurteile und Halbwissen dominieren die Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Eletro-Autos. Eine Studie des österreichischen Klima- und Energiefonds hat mit Partnerinnen und Partnern aus der technischen Universität Wien einen Faktencheck erstellt und die Mythen mit der Realität abgeglichen. Das sind die Wichtigsten Ergebnisse.

Die Temperatur in Österreich ist in den vergangenen 150 Jahren um 1,8 Grad Celsius gestiegen. KlimaexpertInnen prognostizieren, dass das noch lange nicht das Ende ist. Überschwemmungen und Naturkatastrophen werden für Tourismus und Landwirtschaft jährliche Schäden in Milliardenhöhe bedeuten. Hauptverantwortlich dafür ist neben der Land- und Abfallwirtschaft vor allem der weiter zunehmende Pkw- und Lkw-Verkehr. Laut des Pariser Klimaabkommens von 2016 soll Österreich seine CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 36 Prozent senken. Ein Weg aus der Klimafalle ist der sukzessive Umstieg von Verbrennungsmotoren auf E-Mobilität. Mit der Umstellung auf Elektrofahrzeuge ließen sich 70 bis 90 Prozent an CO2-Emissionen im Verkehrssegment einsparen: Das geht aus dem kürzlich veröffentlichten Faktencheck des Österreichischen Klima- und Energiefonds hervor, der vor allem mit den Mythen Kosten, Praktikabilität und Reichweite aufräumt.

1. Mythos: E-Autos sind zu teuer

„Die Behauptung hält sich hartnäckig, dass E-Autos weder leistbar noch praktikabel sind“, sagt Ingmar Hörbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds, „dagegen liefert der Faktencheck brauchbare Argumente.“ In der Anschaffung seien die Stromautos zwar teurer als jene mit Verbrennungsmotoren, allerdings sei die Amortisierung innerhalb weniger Jahre dank Förderungen (das Umweltministerium schnürte gemeinsam mit Importeuren ein Mobilitätspaket über 72 Millionen Euro) und steuerlichen Anreizen sowie der deutlich geringeren Betriebskosten erreicht. Auch bei Versicherungen, Wartung und den Treibstoffkosten können E-Auto-BesitzerInnen einiges sparen. Allein durch den Wegfall der Spritkosten können zwischen 500 und 600 Euro pro Jahr wegfallen.

2. Mythos: Der Strombedarf steigt stark an

Ein weiterer Mythos ist, dass der erhöhte Strombedarf für E-Autos nur mit fossiler und atomarer Energie gedeckt werden kann. Laut einer TU-Studie würde der Energiebedarf allerdings nur um 3,6 Prozent steigen, wenn 20 Prozent aller Autos (eine Million Stück) in Österreich mit Elektroantrieb fahren würden. Neue Ökostromanlagen können den Bedarf locker abdecken.

3. Mythos: Die Batterien sind umweltschädlich

Ein Kritikpunkt betrifft auch die Batterien. Die Lebensdauer der Lithium-Ionen-Batterien liegt bei zehn Jahren oder 4.000 Ladezyklen. Sie sind ein Schlüsselelement, wenn es um die Zukunftsfähigkeit geht. Rund 90 Prozent aller Batterien werden aktuell in China gefertigt, deren Strommix über 80 Prozent Kohle beinhaltet. Laut Strategieberater Georg Günsberg ist China aber auch eine führende Nation bei der Implementierung erneuerbarer Energie. Die Trendwende sei bereits eingeleitet. Ulla Rasmussen vom VCÖ (Verkehrs Club Österreich) würde auch eine Produktionsverlagerung für die Batterien nach Europa begrüßen. Allerdings produziert die Herstellung der Akkus für ein E-Auto Unmengen an CO2. Fritz Indra von der TU Wien veranschlagt, dass die Lithium-Akkus so viel Energie verbrauchen, wie ein Auto mit Verbrennungsmotor für 40.000 Kilometer benötigt. Das Deutsche Institut für Energie- und Umweltforschung hat berechnet, dass die zusätzliche Umweltbelastung für die Lithium- Ionen-Batterie bei einem Kleinwagen rund 2.400 Kilogramm CO2 entspricht. Ein Auto mit einem Verbrauch von etwa fünf Litern auf 100 Kilometer erzeugt dies nach 20.000 Kilometern.

Laut Günsberg steigt allerdings auch die Möglichkeit, verbrauchte Akkus wiederzuverwerten und anders einzusetzen, mit der Entstehung neuer Recyclinganlagen. Ab 2025 soll die Menge ausgedienter Lithium-Akkus so groß sein, dass das Recycling für Unternehmen finanziell interessant wird. Somit könnte aus der Wiederverwertung der Batterien eine neue Upcycling-Branche entstehen.

4. Mythos: Die Reichweiten sind zu gering

Zwei Drittel unserer Alltagswege sind kürzer als zehn Kilometer. Die Reichweiten-Diskussion betrifft im Grunde wenige Überlandfahrten pro Jahr. Die Akku-Kapazität des Nissan Leaf etwa wurde im Jahr 2015 von 24 auf 30 Kilowattstunden gesteigert, jene im BMW i3 von 19 auf 27,2 kWh. Der Renault Zoe hat seine Kapazität von 22 kWh auf über 41 kWh erhöht, und der Stromspeicher im Volkswagen e-Golf ist von 24 auf knapp 36 kWh angewachsen. Bei neuen Modellen wie dem Tesla Model 3 sind die Reichweiten ebenfalls gestiegen: Das Model 3 schafft mit einer vollen Batterie bis zu 500 Kilometer, der Nissan Leaf 2 bis zu 380 Kilometer. „Wir werden das Tanken neu denken müssen und effizienter mit der Leistung umgehen lernen“, sagt Günsberg. Österreich verfügt über eine der höchsten Dichten an Ladestationen: Laut E-Tankstellen-Finder gibt es rund 3.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte bis 22 kW und 600 mit über 22 kW Ladeleistung.