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Uns wird es auch in 200 Jahren noch geben

Ausgabe #4/2018 • Daten

Thomas Schaufler, Vorstand der Erste Bank Oesterreich:

„Man darf die Senioren nicht unterschätzen. Mit George haben wir es geschafft, Online-Banking über alle Altersgruppen hinweg zu etablieren. Das Durchschnitts-Alter der George-User liegt bei 39. Jeder Vierte ist aber über 50.“

Die Onlinebanking-Plattform George hat mittlerweile über 3 Millionen Nutzerinnen und Nutzer, 1,6 Millionen allein in Österreich. Sind Sie zufrieden mit dieser Entwicklung?

Peter Bosek: Wir sind mehr als zufrieden, wenn man bedenkt, dass wir es innerhalb von drei Jahren geschafft haben, eine paneuropäische Plattform aufzubauen. Wir gehen davon aus, dass wir bis zum Ende des Jahres rund drei Millionen Kunden und Kundinnen in Österreich, Tschechien, der Slowakei und Rumänien haben werden. Im nächsten Jahr werden noch Kroatien, Ungarn und Serbien dazukommen. Wir sind im Moment die einzige Bank in Europa, die es geschafft hat, eine Plattform in mehreren Ländern auszurollen.

Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe, warum George so gut angenommen wird?

Bosek: Mit unserem Innovationslabor, dem Erste Hub, haben wir den Grundstein dafür gelegt. Dort wurde in einem völlig neuen Setting Online-Banking neu gedacht mit einer Truppe von guten Entwicklern und Designern, die vorher noch nie für eine Bank gearbeitet haben. Damals haben wir uns drei Dinge vorgenommen: George muss einfach sein, George muss intuitiv an die Bedürfnisse der Kunden und Kundinnen angepasst werden können und er muss absolut sicher sein. Das ist uns ohne Übertreibung wirklich gut gelungen.

Thomas Schaufler: Online-Banking muss im Jahr 2018 völlig selbstverständlich auch am Smartphone perfekt funktionieren. Daher haben wir die wahrscheinlich smarteste Banking-App Österreichs gebaut, mit dem Besten aus George. 72 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben heute ein Smartphone und dadurch ist auch die mobile Nutzung des Internets deutlich gestiegen. Das spiegelt sich auch bei unseren Log-in-Zahlen wider: Drei Viertel loggen sich in George bereits übers Smartphone ein. Daher optimieren wir auch unsere George-App laufend – zum Beispiel mit einfachen und schnellen Log-in-Möglichkeiten. Wenn die Geräte Fingerprint oder Gesichtserkennung können, nutzen wir das, damit man sich bequem, sicher und schnell in sein Finanzleben einloggen kann. Wir haben uns das spaßhalber mal ausgerechnet: Insgesamt haben wir unseren Kunden und Kundinnen allein heuer schon mehr als 21 Jahre Log-in-Zeit erspart durch diese neuen Verfahren am Handy.

Jüngeren Kundinnen und Kunden kommt die zunehmende Digitalisierung der Bankgeschäfte sicher entgegen, aber bleiben hier die Senioren nicht auf der Strecke?

Schaufler: Sie unterschätzen die Senioren. Mit George haben wir es geschafft, Online-Banking über alle Altersgruppen hinweg zu etablieren. Das Durchschnitts-Alter der George-User liegt bei 39. Jeder Vierte ist aber über 50. Unser millionster George-Kunde in Tirol war sogar knapp 70 Jahre alt und ob der Einfachheit von George hellauf begeistert.

Rüsten Sie nicht auch auf, weil Sie die Konkurrenz  der Fintechs fürchten?

Bosek: Fintechs sind ein großes Thema für uns und wir beschäftigen uns sehr intensiv damit. Wir haben auch zahlreiche Kooperationen in dem Bereich. Aber als Konkurrenz sehen wir sie nicht. Es werden in den kleinen, sehr innovativen Unternehmen oft großartige Ideen für einzelne Dienstleistungen entwickelt. Aber viele Fintechs haben in den vergangenen Jahren erkannt, dass im Zahlungsverkehr kein großes Geld steckt und dass eine Idee noch lange nicht ausreicht, um Kunden und Kundinnen zu gewinnen. Dazu kommt, dass der erste Hype mit bisher jährlich dramatisch steigenden Investitionen in diese Branche vorbei ist.

Schaufler: Zudem fehlt den Kundinnen und Kunden oft auch das Vertrauen in die kleinen, meist unbekannten Unternehmen. Vertrauen ist aber unser Kerngeschäft, und hier haben wir als Sparkassengruppe fast 200 Jahre Vorsprung.

Aber auch Unternehmen wie Amazon, Google oder Facebook drängen in den Banking-Markt. Sind das nicht ernstzunehmende Mitbewerber?

Bosek: Vor diesen Playern haben wir wirklich Respekt und ganz besonders vor Amazon. Erst vor Kurzem hat Amazon Gespräche mit J.P. Morgan begonnen und das deutet darauf hin, dass sie das Banking nicht selbst machen wollen, sondern in Kooperation mit einer der weltgrößten Banken. Das beobachten wir mit Argusaugen, denn hier könnten Girokonto-Modelle kommen, die wirklich smart sind.

Schaufler: Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass 72 Prozent der Internetnutzer ihre Daten beim Online-Banking in Österreich für sicher halten. Bei Amazon glauben das im direkten Vergleich nur neun Prozent. Nach den vielen Datenskandalen in den letzten Jahren mit Facebook oder auch Yahoo sind die Nutzerinnen und Nutzer bei den Internetgiganten aus den USA etwas vorsichtiger geworden. Das kann sich in Zukunft natürlich auch ändern, daher ist unser Respekt sehr groß.

Sie glauben also, dass große Internetkonzerne die Bankdaten ihrer Kundinnen und Kunden auswerten und eventuell auch für Werbezwecke verkaufen würden?

Bosek: Hier braucht man sich nichts vorzumachen. Das Geschäftsmodell von Google, Facebook und Co basiert auf dem Datenschürfen. Was sich mit Daten machen lässt, hat Cambridge Analytica im US-Wahlkampf mit den Facebook-Daten gezeigt. Das war erst der Anfang und nur für einen Augenblick wurde auch für uns Bürgerinnen und Bürger sichtbar, was mit Big Data in Zukunft möglich sein wird.

Schaufler: In Europa und insbesondere in Österreich unterliegen besonders wir Banken sehr strengen Regelungen, was wir mit den Bankdaten machen dürfen und wie und wo wir diese aufbewahren müssen. Wir hüten unsere Kundendaten und würden diese auch niemals weiterverkaufen. Eröffnen Sie aber ein Konto bei zum Beispiel einem der US-Internetgiganten, kann man nicht automatisch davon ausgehen, dass die Daten in Österreich gelagert werden, und vermutlich werden auf Seite 500 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch noch spezielle Verwertungsrechte vereinbart und das alles wird mit einem Gerichtsstand in den USA kombiniert. Bei heimischen Banken ist für Kundinnen und Kunden die Rechtslage klar, aber wie und wo geht man bei zum Beispiel Schadenersatzansprüchen gegen einen weltweit agierenden Internetriesen vor? Wo klagen Sie? Nach welchem Recht wird verhandelt?

Der Datenschutz scheint die Menschen jedoch nicht allzu sehr zu bekümmern. Man braucht sich nur auf Facebook umzusehen, was Menschen freiwillig in ihren Stream posten. Auch die Google-Angebote werden von den Usern gern angenommen, weil sie bequem und gut gemacht sind.

Bosek: Stimmt, hier bildet sich erst in den letzten Jahren zunehmend ein Bewusstsein heraus, dass es vielleicht doch nicht so klug ist, alles ins Internet zu stellen, weil diese Daten irgendwann auch mal gegen einen verwendet werden könnten. Wir mussten in den vergangenen Jahren erst lernen, mit Social Media und Co richtig umzugehen. Zudem reagiert nun auch der Gesetzgeber darauf. Die EU hat mit der Datenschutzgrundverordnung auf der einen Seite vielleicht einen für die Unternehmen nicht ganz einfachen Rahmen für den Datenschutz geschaffen, aber auf der anderen Seite ist man hier einen großen und wichtigen Schritt Richtung Datenschutz gegangen. Das ist zweifellos im Sinne der Kundinnen und Kunden.

Schaufler: Zudem geht es nicht nur um die Daten, sondern auch das Thema Support sollte man bei den großen Internet-konzernen nicht vergessen. Wir sind über Filialen, Telefon und Internet 24 Stunden für unsere Kunden und Kundinnen erreichbar. Probieren Sie mal eine Supporthotline bei Google oder Facebook anzurufen, weil Sie zum Beispiel ein Foto löschen möchten! Jetzt denken Sie weiter, was passiert, wenn Sie mal eine unbeabsichtigte Fehlbuchung auf ihrem Amazon-Konto korrigieren wollen. Wir haben eben auch unsere Filialen, die extrem wichtig sind und von unseren Kundinnen und Kunden noch immer gerne besucht werden. Die regionale Präsenz mit echten Menschen vor Ort, die unsere Kunden beraten, ist extrem wichtig. Gemeinsam mit den Sparkassen und OMV-Standorten haben wir ein dichtes Netz aus knapp 1.100 Bankstellen im ganzen Land. Das ist ein echtes Asset. Und in der Kombination mit George fast unschlagbar.

Trotzdem gilt es, dem aufkeimenden Mitbewerb durch die Internetriesen zu begegnen. Wie wollen Sie diesen die Stirn bieten?

Bosek: Innovation und Regionalität sind die großen Eckpfeiler unserer Bank, und damit haben wir uns bereits die vergangenen 200 Jahre sehr erfolgreich behaupten können. Diesen Weg werden wir in Zukunft fortsetzen. Internetriesen bieten in Zukunft sicher einfache und standardisierte Lösungen für einzelne Dienstleistungen aus dem Finanzbereich an. Aber sobald es komplexer wird, lohnt es sich für sie nicht mehr, weil das zu personalintensiv ist. Natürlich dürfen wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen, sondern müssen uns mit den am besten ausgebildeten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und unserem Online-Banking George vom Markt abheben und auf die Bedürfnisse der Kunden und Kundinnen wirklich eingehen.

Schaufler: Diesen Innovationsweg haben wir in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich beschritten und wir haben auch für die nächsten Jahre einige Neuentwicklungen in der Pipeline. Neben einem Ausbau unserer Wertpapiertools werden wir verstärkt Kredite und Versicherungen über George anbieten. Mit dem neuen Telebanking Pro, das speziell für Geschäftskunden entwickelt wurde, bieten wir eine neue Lösung für Klein- und mittelständische Unternehmen, die perfekt an die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Unternehmen angepasst ist. Wir sind für die Zukunft gut gerüstet, und ich bin davon überzeugt, dass es uns auch noch die nächsten 200 Jahre geben wird.