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KMU: Konjunktur Motor unverzichtbar

Ausgabe #2/2016 • Sparkassen

KMU: KONJUNKTUR  MOTOR UNVERZICHTBAR

Es gibt mehr als 300.000 KMU – also Unternehmen mit weniger als 250 MitarbeiterInnen – in Österreich. Sie machen rund 99 Prozent der Betriebe aus. Auch wenn industrielle Großunternehmen für den Exporterfolg entscheidend sind, gibt es den von allen sehnsüchtig erwarteten Konjunkturaufschwung nur mit den KMU.

Rund zwei Drittel der Beschäftigten Österreichs arbeiten in KMU. Auf diese Unternehmen entfallen etwa 63 Prozent aller Umsätze, knapp 60 Prozent der Bruttowertschöpfung und etwa die Hälfte aller Investitionen. Immerhin erreichen die KMU im Durchschnitt fast 250.000 Euro Umsatz je Beschäftigter oder Beschäftigtem.

Doch selbst die niedrigen Zinsen führen derzeit nicht zu mehr Investitionsbereitschaft, so der allgemeine Befund. Die konjunkturelle Erwartungshaltung der meisten UnternehmerInnen ist noch gedämpft. Die extrem hohe Steuer- und Abgabenbelastung sowie die bürokratischen Hürden beflügeln ebenfalls nicht die Investitionsprogramme.

Derzeit wird primär in die Modernisierung des Bestehenden investiert. Auch die Digitalisierung ist seit Monaten verstärkt ein Investitionsthema. IKT-Ausrüster und Softwarehäuser können sich über Zusatzaufträge freuen. Aber bei den Erweiterungsinvestitionen mit Kapazitätseffekt ist noch Zurückhaltung angesagt. Zwar erhöht die jüngste Steuerreform kurzfristig die verfügbaren Einkommen, aber schon 2017 „wird der Realeinkommenszuwachs vor allem als Folge der Abgabenpolitik und Tarifgestaltung der öffentlichen Hand und der wieder einsetzenden kalten Progression zum Erliegen kommen“, meinte WIFO-Chef Karl Aiginger jüngst in einem Interview.

Dennoch sind auch Anzeichen einer Besserung zu registrieren. Vor allem dann, wenn man sich als Bank intensiv um die KMU bemüht. Die österreichischen Sparkassen beispielsweise haben im Vorjahr bewiesen, dass die intensive Servicierung und Beratung von KommerzkundInnen Früchte trägt. Der Jahresbericht für 2015 macht klar: Die Kundenkredite sind im Vorjahr insgesamt um 2,9 Prozent gewachsen. Besonders bei den Unternehmenskrediten zeigt sich der Zuwachs. So waren es 2015 28,9 Milliarden Euro (plus 5,5 Prozent) im Vergleich zu 27,4 Milliarden im Jahr zuvor. „Bei Erste Bank und Sparkassen ist eine Kreditklemme also weit und breit nicht in Sicht“, betont Thomas Uher, Vorstandsvorsitzender der Erste Bank Oesterreich.

„Wir brauchen einen Stimmungsumschwung“, fordern alle WirtschaftspolitikerInnen und zuständigen InteressensvertreterInnen. Doch es sei gelungen, „mit der monatelangen Diskussion über die Registrierkassenpflicht die Segnungen der Steuerreform völlig in den Hintergrund zu drängen“, richtet sich Finanzminister Schelling durchaus selbstkritisch an die Adresse der Regierung.

„Wirtschaft ist überwiegend Psychologie“, schrieb schon Joseph Schumpeter, österreichischer Nationalökonom der Wiener Schule, in seinem Frühwerk „Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung“, das 1912 publiziert wurde. Also dann: Es geht jetzt um ökonomische Stimmungsaufheller, gerade bei den KMU. Die sind nämlich für den Aufschwung ganz und gar unverzichtbar.

Interview
„ Wir können investierende Unternehmen problemlos begleiten"

Gespräch mit Michael Rockenschaub, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse OÖ

WIE BEURTEILEN SIE DIE KONJUNKTURELLE ENTWICKLUNG IN OBERÖSTERREICH IN DIESEM JAHR?
Michael Rockenschaub: Es ist Bewegung am Markt spürbar, die Branchen entwickeln sich unterschiedlich. Insgesamt kann man von einer verhaltenen Nachfrage reden. Es werden mehr Ersatz- als Erweiterungsinvestitionen getätigt. Natürlich gibt es Unternehmen, die, vom Erfolg bestärkt, antizyklisch handeln und groß investieren.  

ORTEN SIE DERZEIT EINE STEIGENDE NACHFRAGE NACH KOMMERZKREDITEN BEI DEN KMU? Rockenschaub: KMU mit starken Geschäftsfeldern benötigen Finanzierungen. Vieles wird aus dem Cashflow gestemmt, die Nachfrage nach Kommerzkrediten sollte jedenfalls anziehen.


HABEN ES JUNGUNTERNEHMERINNEN JETZT BESONDERS SCHWER, IHRE IDEE FINANZIERT  ZU BEKOMMEN?
Rockenschaub: Es ist kein Geheimnis, dass die Kreditvergaben durch Regularien restriktiver geworden sind. Gerade UnternehmerInnen brauchen aber Banken, die an ihre Geschäftsidee glauben „dürfen“. Hier muss angesetzt werden, damit Pioniergeist, Emotionen und Vertrauen in die Zukunft wieder die Oberhand gewinnen.

IST DIE ANHALTENDE ZINSPOLITIK IHRER ERFAHRUNG NACH NOCH EIN INCENTIVE FÜR UNTERNEHMENSINVESTITIONEN, ODER SPIELEN DIE ZINSEN GAR KEINE ROLLE MEHR? Rockenschaub: Zinsen spielten noch nie eine zentrale Rolle, Planungssicherheit und stabile Rahmenbedingungen waren und sind für UnternehmerInnen das entscheidende Kriterium. Hier gibt es seitens der Politik Nachholbedarf, etwa beim Abbau der überbordenden Bürokratie.


SIND DIE VERGABERICHTLINIEN FÜR KREDITE AN KMU RIGIDER GEWORDEN?
Rockenschaub: Die Politik und die Regulatoren auf allen Ebenen haben die Kriterien in der Kreditvergabe massiv erhöht.

DROHT EINE KREDITKLEMME BEI STEIGENDER NACHFRAGE NACH KOMMERZKREDITEN –  ALS FOLGE DER STRENGEREN EIGENKAPITALVORSCHRIFTEN NATIONAL WIE EUROPÄISCH SOWIE RÜCKLÄUFIGER VOLUMINA BEIM PRIMÄRMITTELAUFKOMMEN?
Rockenschaub: Die Herausforderung ist nicht die Kreditklemme, die gibt es derzeit nicht, sondern die schwache Kreditnachfrage. Hier benötigen die Unternehmen optimistische Rahmenbedingungen. Wir haben jedenfalls ausreichend Eigenkapital und Primärmittel und können so alle unsere FirmenkundInnen problemlos bei ihren Projekten und Ideen begleiten.

Michael Rockenschaub,
Vorstandsvorsitzender der Sparkasse OÖ:
"Überbordende Bürokratie bremst die Unternehmen"