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Seitenwechsel

Ausgabe #3/2019 • Jung, Talentiert, Gesucht ...

WENN VON ZWEI FRAUEN JEDE DEN HAUSHALT DER JEWEILS ANDEREN ÜBERNIMMT, DANN HEISST DAS „FRAUENTAUSCH“ UND IST EINE UNTERHALTUNGSSENDUNG IM FERNSEHEN. ABER AUCH IM BERUFLICHEN ALLTAG IST EIN ROLLENTAUSCH MÖGLICH. DAS NENNT SICH „JOB SWAP“. ANDREA LEE, LEITERIN VON COST & PROJECT CONTROLLING DER ERSTE GROUP, UND IHR COUNTERPART IN DER ERSTE BANK OESTERREICH, MICHAEL BASTEL, HABEN SICH AUF DIESES EXPERIMENT EINGELASSEN UND FÜR SECHS MONATE IHRE BÜROS GEWECHSELT. HERAUSGEKOMMEN IST FÜR BEIDE IHR PERSÖNLICHER #GLAUBANDICH-MOMENT.

Wieso haben Sie sich auf den Job Swap eingelassen und was haben Sie sich davon erwartet?

Andrea Lee (Erste Group): Da ich nicht viel über operatives Controlling wusste, wollte ich lernen, wie das auf lokaler Ebene funktioniert. Und ich wollte bestimmte Dinge auf Seiten der Erste Bank Oesterreich ändern, die mir aus Holding-Perspektive schon länger aufgefallen waren.

Michael Bastel (Erste Bank Oesterreich): Ich wollte auf eine Lernreise gehen, um die Arbeitsweise der Erste Group kennenzulernen. Ich war neugierig zu erfahren, wie die „andere Seite“ aussieht. Und ich wollte mehr über die Holding-Sicht erfahren und verstehen, was sie von den lokalen Einheiten benötigt.

Wie haben Führungskräfte, KollegInnen und Teams auf Ihren Job Swap reagiert?

Andrea Lee: Unseren Vorgesetzten gefiel die Idee, und sie stimmten unserem Plan sofort zu. Unsere Kolleginnen und Kollegen waren hingegen ein bisschen skeptisch. Ihnen war nicht gleich klar, warum wir das tun, und sie waren anfangs unsicher, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen. Aber mit der Zeit waren auch sie happy.

Michael Bastel: Ich hatte mich schon sehr auf diesen Rollentausch gefreut, weil wir so gut vorbereitet waren. Meine neuen Teamkolleginnen und -kollegen haben mich respektiert und mir alles erklärt, was ich wissen musste.

Wie haben Sie sich auf diesen Job Swap vorbereitet?

Andrea Lee: Wir haben unsere Teams bereits drei Monate vor dem Rollentausch informiert. Und dann haben wir auch ein „Socializing”-Frühstück organisiert, damit sich die Kolleginnen und Kollegen untereinander besser kennenlernen und auch uns, ihre neue Vorgesetzen. Den Job Swap haben wir zwei Monate im Voraus sorgfältig geplant und auch gegenseitig die Jour fixes des jeweils anderen Teams besucht.

Michael Bastel: In dieser Vorbereitungsphase war uns sehr wichtig, dass wir laufende Projekte weiterführen und sich zentrale Entscheidungen durch den Rollentausch nicht verzögern.

Welche Aufgaben haben Sie getauscht?

Michael Bastel: Einfach gesagt, haben wir nur alle inhaltlichen Aktivitäten getauscht und nicht die reinen Führungsaufgaben. Wir waren also immer noch für unsere eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich. In unserer täglichen Arbeit konzentrierten wir uns auf die aktuellen Prozesse in unserem neuen Bereich und machten Vorschläge für Änderungen. Ich habe mir zum Beispiel angesehen, ob all die Daten, welche die Holding von den Tochtergesellschaften verlangt, wirklich notwendig sind und ob es eine Möglichkeit gibt, diese Menge an Daten zu reduzieren.

Andrea Lee: Und ich habe versucht, die Project Controlling Reports der Erste Bank Oesterreich an jene der Holding anzugleichen, um mehr Transparenz auf Holding-Ebene zu erreichen. Ich habe mich mit Michael regelmäßig getroffen, um mich mit ihm über Änderungen zu einigen, die wir einander vorgeschlagen hatten. So haben wir sichergestellt, dass wir uns beide mit den Änderungen wohlfühlen und sie auch nach dem Rollentausch beibehalten.

Was haben Sie von diesem Job Swap mitgenommen?

Michael Bastel: Ich habe in meiner temporären Position viele Menschen in der Holding und in der gesamten Erste Group kennengelernt. Das wird mein Leben in Zukunft um einiges leichter machen. Und ich habe gelernt, wie die Holding tickt und was nötig ist, um alle Erwartungen zu erfüllen. Mit meiner lokalen Perspektive konnten wir Ideen entwickeln, wie wir Prozesse in der Holding verbessern. Und wenn ich zu meinem ursprünglichen Job zurückgehe, werde ich sicher auch eine andere Sicht auf die Dinge haben. Das wird meinem Team und der ganzen Organisation nützen.

Andrea Lee: Wir alle mussten unsere Komfortzone verlassen, was manchmal hart war, aber äußerst gesund. Ich bekam ein besseres Verständnis für operatives Controlling, und meine Kolleginnen und Kollegen aus der Erste Bank Oesterreich haben jetzt meinen höchsten Respekt. Ich bin sehr glücklich über diese Erfahrung und habe schon einige Kolleginnen und Kollegen meines Teams für einen Rollentausch auf bestimmte Zeit nominiert.