Sparkassen Zeitung

5 Fragen an

Fünf Fragen an Christoph Badelt

Ausgabe #3/2019 • Jung, Talentiert, Gesucht ...

CHRISTOPH BADELT, LEITER DES ÖSTERREICHISCHEN INSTITUTS FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG (WIFO), ÜBER GESUCHTE MINT-FACHKRÄFTE, DAS BEMÜHEN VON UNTERNEHMEN UM TOP-MITARBEITERINNEN UND -MITARBEITER UND WIE DIE DIGITALISIERUNG DIE ARBEIT VERÄNDERT.

1. WIE IST ES UM DEN ÖSTERREICHISCHEN ARBEITSMARKT BESTELLT?

Gegenüber den letzten Jahren verzeichnen wir eine positive Entwicklung, aber auch ein hohes Niveau an Arbeitslosigkeit. Aktuell hat sich der Rückgang der Arbeitslosenrate verlangsamt, was Ausdruck der Konjunkturentwicklung ist. Offensichtlich sind wir jetzt an der besten Arbeitsmarktsituation angekommen, die sich gegenwärtig erreichen lässt, und jetzt wird der Rückgang der Arbeitslosigkeit langsam zum Erliegen kommen. Wir rechnen für 2019 mit einem Jahresdurchschnitt von 7,3 Prozent.

2. GERADE IN MINT-BERUFEN (MATHEMATIK, INFORMATIK, NATURWISSENSCHAFTEN, TECHNIK) SIND FACHKRÄFTE STARK GESUCHT. MIT WELCHEN MASSNAHMEN KÖNNEN UNTERNEHMEN PUNKTEN, UM DIESE MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER FÜR SICH ZU GEWINNEN?

Es gibt einen großen Mangel an guten und qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit MINT-Hintergrund und den Unternehmen bleibt oft nichts übrig, als die eigenen Leute weiter zu qualifizieren – und viele suchen auch im Ausland. Generell werden attraktive Arbeitsbedingungen geboten, um diese Fachkräfte für sich zu gewinnen.

3. WELCHE BEDINGUNGEN SIND FÜR TOP-AUSGEBILDETE ARBEITNEHMERINNEN UND ARBEITNEHMER WICHTIG, DAMIT SIE SICH FÜR EIN UNTERNEHMEN ENTSCHEIDEN?

Das ist eine Frage des Geldes, aber auch eine Frage von Freiheit, Flexibilität, Arbeitszeiten, Inhalten der Arbeit und sozialem Klima. Gerade unter jungen Menschen gibt es immer mehr, die sehr leistungsbereit sind, aber auch auf die Work-Life-Balance achten. Sie möchten nicht 365 Tage im Jahr, 15 Stunden täglich arbeiten.

4. STICHWORT DIGITALISIERUNG: WELCHES SIND DIE MARKANTESTEN ÄNDERUNGEN AUF DEM ARBEITSMARKT?

Wir am WIFO glauben nicht an die Kassandra-Rufe, dass durch die Digitalisierung viele Arbeitsplätze verloren gehen. Es ändern sich Arbeitsinhalte und Qualifikationsanforderungen, aber auch die Tätigkeiten innerhalb eines Berufs. Natürlich werden auch Arbeitsplätze verloren gehen, aber es werden viele neue geschaffen. Deshalb müssen wir im Bereich der Bildungspolitik aufrüsten, um noch mehr begabte Menschen in die höheren Ausbildungen zu bringen. Wo beispielsweise durch einen hohen Grad an sozialen Nachteilen die Ergebnisse der Grundschule und der Schulpflicht schlecht sind, muss das Bildungssystem verbessert werden, damit sich mehr junge Frauen und Männer für eine Lehre qualifizieren.

5. VIELE UNTERNEHMEN BIETEN EINE BETRIEBLICHE PENSIONSVORSORGE AN. WIE BEWERTEN SIE DAS – UND WELCHE ROLLE SPIELT PRIVATE PENSIONSVORSORGE FÜR SIE PERSÖNLICH?

Solche Maßnahmen sind grundsätzlich sehr positiv, da es langfristig klug ist, die Pensionsvorsorge zum Risikoausgleich auf mehreren Säulen aufzubauen. Ich glaube nicht an den Breakdown des öffentlichen Pensionssystems, aber ich denke, dass gerade für Menschen, die gut qualifiziert sind und gut verdienen, das, was bei der öffentlichen Pension herauskommt, nicht befriedigend sein wird. Persönlich bin ich ein risikoarmer Mensch und kein Aktienmensch. Deshalb habe ich konservativ veranlagt.

INFO: Seit 2016 ist Christoph Badelt Leiter des WIFO, des führenden österreichischen Instituts auf dem Gebiet der angewandten Wirtschaftsforschung. Der mit zahlreichen Preisen geehrte Experte ist Professor für Wirtschafts- und Sozialpolitik an der Wirtschaftsuniversität Wien und Träger des Großen Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich.