Sparkassen Zeitung

Werte

Mehr Sinn für das Sinnvolle

Ausgabe #2/2016 • Sparkassen

MEHR SINN FÜR DAS SINNVOLLE

Kein Unternehmen würde sagen, es agiere nicht nachhaltig. Aber macht Nachhaltigkeit automatisch erfolgreicher? ForscherInnen der Universität Zürich bestreiten das. Welche Anreize könnten gesellschaftliches Bewusstsein und finanzielle Gewinne miteinander verknüpfen?

Der ursprüngliche Gedanke hinter Berichten zur „Corporate Social Responsibility“– kurz CSR – geht auf geht auf die vielbeachtete Publikation „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome aus dem Jahr 1972 zurück. Die Umwelt-Bewegung, die ab den 1980er-Jahren großen Zustrom erhielt, formulierte das Ziel, neben Staaten auch zivile Organisationen wie eben große Unternehmen zu verantwortlichen Teilen der Gesellschaft zu erziehen. Aus einem einfachen Grund: Sie sind für den Großteil der klimazerstörenden Emissionen verantwortlich. Doch die Berichterstattung ist schwierig und führt oft aufs Glatteis. „Selbst der Erzeuger eines so simplen Produkts wie eines Bleistifts hat nicht einmal im Ansatz einen Überblick darüber, welche Prozesse notwendig sind, damit sein Produkt erzeugt, geliefert und vermarktet werden kann. Die weltweiten Lieferketten kann heute kein Mensch überblicken, vor allem, weil sie bei Rohstoffen und Lohnfertigungen fast immer in Entwicklungsländer zurückreichen“, sagt Michael Fembek, Herausgeber des CSR-Jahrbuchs.
Die CSR-Berichte, die jährlich veröffentlicht werden, stärken vor allem die Reputation des Unternehmens und zeigen, wie mit Zulieferern aus dem Ausland umgegangen wird, welche Schritte gesetzt werden, um die Produktion umweltverträglicher zu gestalten, und wie es um die Gleichberechtigung der Geschlechter in dem Betrieb steht. Für besonders sorgfältige und umfangreiche Berichte gibt es Preise, Zertifikate, Plaketten und Medaillen, die sich hervorragend für Marketing- und Werbemaßnahmen eignen. Gut zum Klima, gutes Image, guter Umsatz. Dieser Ansatz geht leider in den seltensten Fällen auf: SoziologInnen an der Universität Zürich haben die Korrelation zwischen Umsatzsteigerung und CSR-Aktivitäten untersucht und festgestellt, dass das eine das andere nicht widerspiegelt. Obwohl die ForscherInnen zu Studienbeginn sicher waren, dass Unternehmen mit gesellschaftlicher Verantwortung auch finanziell erfolgreicher seien.


NUR EIN DRITTEL DER TOP-UNTERNEHMEN

Diese geistige Grundhaltung führt laut Studienleiterin Katja Rost dazu, dass Untersuchungsergebnisse selektiv veröffentlicht oder so lange manipuliert werden, bis das gewünschte Resultat beobachtet wird. „CSR bringt nicht nur Gewinn oder verbessert die Reputation, sondern erzeugt auch Kosten für das Unternehmen“, erklärt Rost. Publikationsfehler, selektive empirische Beweisführung und schlichte Augenauswischerei verklären die Berichte zu Marketing-Tools. Conclusio: Der Nutzen der CSR-Aktivitäten für das Unternehmen ist geringer als der Aufwand. Kein Wunder also, dass viele Chefinnen und Chefs auf die kosten- und zeitintensiven Berichte lieber verzichten. In Österreich veröffentlicht nur rund ein Drittel der Top-Unternehmen CSR-Berichte. In Japan, Großbritannien und Südafrika sind Nachhaltigkeitsagenden für die Spitzenwirtschaft absolute Pflicht.

Grundlegend für diese Tendenz sind mangelnde Anreize, gesellschaftlich verantwortliche Schritte zu setzen. Eine CEO-Studie der UN aus dem Jahr 2013 belegt diese Annahme: 1.000 Firmenchefs und -chefinnen aus 103 Ländern bewerteten den Fortschritt der globalen Wirtschaft im Bereich Nachhaltigkeit. Zwei von drei Befragten (67 Prozent) meinen, Unternehmen würden nicht genügend tun, um global nachhaltiger zu wirtschaften. 85 Prozent verlangen klare politische Entscheidungen und eindeutige Marktsignale, die grünes Wachstum unterstützen. 55 Prozent wünschen sich Standards und Regulierungen, 43 Prozent plädieren für Subventionen und andere finanzielle Anreize. änderungen in der Besteuerung nehmen 31 Prozent als Mittel der Wahl wahr. Mutige politische Gesetzesentwürfe könnten das Bild also ändern. Vor allem auf nationaler Ebene.

WAS MACHT EINEN GUTEN CSR-REPORT AUS?
EINE ANLEITUNG IN SECHS SCHRITTEN.

1. Der positive Blick in die Zukunft
Die Probleme, die es verursacht, die selbstgesteckten CSRZiele zu erreichen, sollte man besser für sich behalten. Was sind die Problemstellungen und wie arbeitet Ihr Unternehmen, um diese zu lösen? Das sollte in jedem CSR-Bericht im Fokus stehen.

2.  Klar und einfach
Schreiben Sie keinen Roman. Nachhaltigkeit ist ein komplexes Thema: Klimawandel, Wasserverbrauch, Überbevölkerung, Bildung und Gesundheit sind alles komplizierte Teilbereiche. Behalten Sie Ihre eigenen Agenden im Auge, knüpfen Sie sie nicht an politische Forderungen oder heben sie auf gesellschaftliche Diskussionsebene. Halten Sie sich kurz.

3.  Schaffen Sie Vertrauen
Ein CSR-Report ist ein gutes Vehikel, um mit KundInnen und KonsumentInnen in Kontakt zu treten. Seien Sie ehrlich und geben Sie Versäumnisse zu. Zeigen Sie auf, wie Sie die Missstände in Zukunft verbessern werden.

4.  Machen Sie lust auf mehr
Jeder Leser und jede Leserin Ihres CSR-Berichts wird sich fragen, was die Maßnahmen mit ihm oder ihr zu tun haben. Schaffen Sie Möglichkeiten zur Partizipation, bieten Sie ZulieferInnen und KundInnen die Chance sich zu engagieren.

5.  Wild und kreativ
Vermeiden Sie Klischees. Überlegen Sie, welchen Unterschied Sie machen können. Gehen Sie neue Wege. Das macht Ihren Bericht außergewöhnlich und inspirierend. Und verbessert das Klima in Ihrem Geschäft.

6.  Schaffen Sie neue Netzwerke
Ein CSR-Bericht bietet die Chance, neue Allianzen und Netzwerke in Ihrem Betrieb entstehen zu lassen. Bereiche, die sonst wenig miteinander zu tun haben, können gemeinsam nachhaltige Ziele definieren und umsetzen. Eventuell ergeben sich so auch neue Geschäftszweige, die vorher niemandem in den Sinn gekommen sind.