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Economy

Hier wird soziale Verantwortung gelebt

Ausgabe #6/2019 • Soziale Verantwortung

IMMER MEHR UNTERNEHMEN UND INITIATIVEN HABEN SICH DAS WOHL DER MENSCHEN UND DER UMWELT AUF DIE FAHNEN GESCHRIEBEN. SIE ÜBERNEHMEN VERANTWORTUNG FÜR DIE GESELLSCHAFT UND TRAGEN DAZU BEI, DASS DAS BEWUSSTSEIN FÜR FAIRNESS UND RESSOURCENSCHONUNG GESCHÄRFT WIRD.

Der erste Weg führt nach Graz. Im Gramm und im Dekagramm kann man seit drei Jahren ohne Verpackungen mit den eigenen mitgebrachten Gefäßen einkaufen, so wird kein unnötiger Verpackungsmüll produziert. Und wenn es keine vordefinierten Verpackungseinheiten gibt, entsteht auch weniger Lebensmittelverschwendung bei den Menschen daheim, sind Sarah Reindl und Verena Kassar, die Gründerinnen von das Gramm, überzeugt. „Weil wir nicht mit Lockangeboten und Übergrößen zu übermäßigem Konsum verführen möchten. Wir geben die Verantwortung an die Kundin und den Kunden zurück“, erklärt Sarah Reindl den Gedanken hinter das Gramm. Das bedeutet für die KonsumentInnen, sich ehrlich zu überlegen, was und wie viel sie wirklich brauchen, und dann entsprechend einzukaufen. „Oft hören wir, dass neben den Haushalten natürlich auch der Einzelhandel zu den großen Lebensmittelverschwendern gehört. Weil wir uns dessen von Anfang an bewusst waren, hatte eine konkrete Idee gegen Lebensmittelverschwendung einen besonderen Platz in unserem Konzept: Wir verkochen alles, was nicht mehr schön ausschaut, was krumm gewachsen ist oder was einfach bei der frischen Gemüselieferung noch von der letzten Lieferung im Regal liegt, zu wunderbaren Mittagsgerichten“, erzählt Reindl.

Da es im Gramm sehr schnell zu eng wurde, eröffneten die beiden engagierten Unternehmerinnen bald den zweiten Standort. „Wir wussten gleich, dass wir neben einem erweiterten Sortiment einen starken Fokus auf die Bewusstseinsbildung legen wollen und haben die Geschäftseinrichtung entsprechend gestaltet, um flexibel zu sein für alle möglichen Veranstaltungen. Wir lernen jeden Tag unzählige Dinge dazu und freuen uns über diesen Mehrwert, den wir für unsere Kundinnen und Kunden, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und uns selber schaffen“, freut sich Reindl.

DER DIGITALE BAUERNMARKT – MARKTA.AT

Im März 2018 wurde markta.at gegründet. Der digitale Bauernmarkt ist eine Online-Plattform für nachhaltige, biologische Lebensmittel von über 300 regionalen ProduzentInnen, die entweder Bio-zertifiziert, in Bio-Umstellung sind oder ganz ohne Pestizide und chemische Dünger arbeiten. markta stellt bewusst den persönlichen Austausch in den Vordergrund, damit die KundInnen sehen und erleben, was gutes Essen wert ist. Übergeordnetes Ziel und Vision ist es, globale Strukturen beim Lebensmittelkonsum zu vermeiden, Bewusstsein für regionale ProduzentInnen und Produkte zu schaffen und damit CO2-Emissionen einzusparen. Denn der ökologische Fußabdruck ist dem Start-up besonders wichtig: 95 Prozent der Produkte kommen aus einem Umkreis von weniger als 100 Kilometer um Wien. Umweltschonend bis auf den letzten Meter.

markta-Gründerin Theresa Imre erklärt: „Wir freuen uns, regionale Produkte städtischen Kundinnen und Kunden anbieten zu können. Durch die Digitalisierung des Einkaufs rufen wir ein neues Zeitalter für regionale Lebensmittel aus, forcieren eine direkte Vernetzung der KonsumentInnen mit den ProduzentInnen und schaffen somit einen Marktwandel für Essenswege. Da wir die Logistik selbst in die Hand nehmen und Wege verkürzen, setzen wir ein klares Zeichen gegen die Massenproduktion von Lebensmitteln und für den Umweltschutz.“

Der Einkauf kann bei verschiedenen Abholstellen in Wien geholt werden, von denen einige Öffnungszeiten bis 24 Uhr haben – aber auch eine Hauslieferung ist möglich. Damit richtet sich die Lebensmittelplattform gezielt an die Bedürfnisse der urbanen Gesellschaft. „Wir möchten es den Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohnern erleichtern, hochwertige Lebensmittel aus regionaler (Bio-)Kleinproduktion zu beziehen und eine Alternative zur Industrieware aus dem Supermarkt anbieten“, bekräftigt Theresa Imre: „Gleichzeitig unterstützen wir Kleinproduzentinnen und -produzenten dabei, sich gegen globale Konkurrenz zu behaupten, indem wir ein Netzwerk schaffen, das Marketing, Logistik, Vertrieb sowie Digitalisierung für alle effizienter gestaltet.“ Mit dem Bündeln von Vorbestellungen setzt das markta-Team außerdem ein Zeichen, weil damit einzelne Wege gespart und Lebensmittelüberproduktionen vermieden werden. So wird die Umwelt geschont.

VERMITTELN STATT VERSCHWENDEN – DIE FAIRMITTLEREI

Wussten Sie, dass in Österreich jedes Jahr bis zu 2.250 Tonnen an gebrauchsfähigen Drogerieartikeln entsorgt werden? Das gemeinnützige Start-up Die Fairmittlerei hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese an gemeinnützige Organisationen zu vermitteln und nimmt HerstellerInnen diese Last für einen guten Zweck ab.

In der Produktion passieren hin und wieder Schönheitsfehler, wie ein falscher Aufdruck oder ein schiefes Etikett. Oft landen solche Artikel, sogenannte Produktionsausschüsse, und auch Produkte aus ausgelaufenen Marketingaktionen auf der Deponie und nicht bei den KonsumentInnen. In Österreich werden so bis zu 42.300 volle Mülltonnen mit intakten Produkten entsorgt. Dies trotz der hohen Kosten für Gesellschaft und Umwelt und obwohl sie im wohltätigen Bereich gebraucht würden: Bei sozialen Organisationen besteht ein Bedarf an Wasch- und Reinigungsmitteln in Höhe von rund sechs Millionen Euro im Jahr. Unternehmen fehlen zur Verteilung kleinerer Mengen an viele mögliche Abnehmer aber oft die Ressourcen. Denn häufig steht hier ein Überangebot auf Unternehmensseite einer geringeren Abnahmekapazität auf NGO-Seite gegenüber.

Die Fairmittlerei setzt hier an und vermittelt Waren mengenunabhängig zwischen Industrie und NGOs in ganz Österreich. Zentral ist dabei ein Webshop, über den NGOs sich mit dem, was sie tatsächlich brauchen, günstig versorgen können. „Wir tragen dazu bei, soziale Organisationen finanziell zu entlasten. Ihre knappen Mittel effizienter einsetzen zu können, bedeutet ihren sozialen Impact zu vergrößern“, erklärt Michael Reiter, Gründer und Obmann der Fairmittlerei. Bisher konnte Die Fairmittlerei über 4.000 Kilogramm an Waren vermitteln, wodurch bei sozialen Organisationen mehr als 20.000 Euro gespart wurden. Allein zwischen Jänner und März 2018 wurden um die 5.000 Kilogramm an Produkten vor der Entsorgung gerettet, sie stehen NGOs im Webshop der Fairmittlerei zur Verfügung. „Wenn Sie Überschussware im Non-Food-Bereich haben, melden Sie sich bei uns, damit die Ware Mehrwert schafft“, appeliert Reiter an interessierte Unternehmen.

Die Fairmittlerei ist das Bindeglied zwischen Unternehmen und NGOs, wenn es um die Vermittlung von
Hygieneprodukten und Reinigungsmitteln geht.

 

DIE EIGENEN VIER WÄNDE – SOCIAL HOUSING

Die aktuelle Social Housing-Initiative der Erste Bank schafft 200 Wohnungen für von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen durch eine gemeinsame Initiative mit Sozialorganisationen und Wohnbauträgern, indem sie eigenmittelfreien Zugang zu leistbaren Wohnungen für KlientInnen des Neunerhaus, der Volkshilfe und anderer Sozialorganisationen in Wien verschafft und den Finanzierungsbeitrag für die Mieterinnen und Mieter übernimmt.

Wie funktioniert Social Housing?

Die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend leistbarem Wohnraum wird immer herausfordernder. Immer mehr arbeitende Menschen verdienen trotz einer Vollzeitbeschäftigung nicht genug, um eine passende Wohnung zu bezahlen. In Wien sind die Brutto-Quadratmeterkosten bei Mietwohnungen von 2008 bis 2018 um 42 Prozent gestiegen – Tendenz weiter nach oben. „Wohnungslosigkeit betrifft dadurch immer breitere Gesellschaftsschichten und hat viele Gesichter. Die Wohnungslosenhilfe braucht definitiv zusätzliche Unterstützung und neue Ansätze“, so Peter Bosek, Vorstandsvorsitzender der Erste Bank. In den letzten Jahren hat sich die Anzahl der registrierten wohnungslosen Menschen um 22 Prozent auf 21.600 Betroffene erhöht.

Die Social Housing-Initiative der Erste Bank will betroffene Menschen bestmöglich unterstützen, wieder eigenständig zu wohnen. „Bei Social Housing steht die eigene Wohnung am Anfang des Prozesses, da sie die Basis liefert, um wieder im Leben Fuß zu fassen“, erklärt Astrid Kratschmann, Wohnbauexpertin und Projektleiterin der Social Housing-Initiative. Die Betreuung durch eine Sozialorganisation läuft dann parallel weiter, wird aber von der Wohnung entkoppelt. Wenn die Betreuung endet, bleibt der Mietvertrag aufrecht, die BewohnerInnen bleiben in ihrer Wohnung. Damit bietet das Social Housing-Modell von Beginn an eine langfristige und nachhaltige Perspektive.

BIG BROTHERS BIG SISTERS

Ziel des Mentoringprogramms Big Brothers Big Sisters ist es, Kindern und Jugendlichen positive Beziehungserfahrungen und individuelle Förderung zu ermöglichen. Dazu bekommen Mädchen eine große Schwester und Buben einen großen Bruder, also einen ehrenamtlich tätigen Erwachsenen, zur Seite gestellt. Das Mentoring von Big Brothers Big Sisters ist ein kostenfreies Angebot für Familien mit Kindern im Alter zwischen sechs und 17 Jahren in herausfordernden Lebenslagen. Mentor, Kind und Familie werden deshalb von einem multiprofessionellen Team begleitet.

Big Brothers Big Sisters ist ein Kooperationsprojekt der österreichischen Sparkassen-Privatstiftungen und wird derzeit von der ERSTE Stiftung, der Privatstiftung Sparkasse Niederösterreich, der Privatstiftung Sparkasse Pöllau, der Steiermärkischen Sparkasse und der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich sowie der Privatstiftung Sparkasse Krems unterstützt. Denn es ist wichtig, die persönlichen Interessen und Stärken von Kindern zu fördern. Kinder brauchen Vorbilder, zu denen sie aufschauen können. Daher seien diese Mentoringprogramme wichtig, um auch in schwierigen Lebenssituationen Rückhalt zu geben und Perspektiven aufzuzeigen, erläutert Martin Samsinger von der Privatstiftung Sparkasse Niederösterreich den Grund für die Unterstützung des Programms: „Im Bewusstsein unserer Verantwortung für die Gesellschaft ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, die bewährte Partnerschaft mit Big Brothers Big Sisters Österreich weiter zu bekräftigen.“

Das Schulmentoring-Programm in Linz hat die individuelle Förderung und Stärkung von Volksschulkindern zwischen acht und zehn Jahren, die in ihren Familien viele Möglichkeiten nicht haben, zum Ziel. In Kooperation mit der ERSTE Stiftung, der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich und der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz wird Kindern in der oberösterreichischen Hauptstadt die Beziehung mit einem Mentor oder einer Mentorin ermöglicht. „In Linz gibt es große Nachfrage von Seiten der Schulen, wir arbeiten mit der Dorfhalleschule im Linzer Franckviertel zusammen. Rund zehn Tandems starteten dort im Herbst ihre gemeinsame Zeit“, berichtet Birgit Radl-Wanko, Geschäftsführung Big Brothers Big Sisters Österreich.

Auch in Krems startete eine erste Gruppe von SchülerInnen an der Volksschule Krems Lerchenfeld. Dieses Programm wird durch die Privatstiftung Sparkasse Krems gemeinsam mit der ERSTE Stiftung ermöglicht.