Sparkassen Zeitung

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Sparkassen Heute: Zwischen Regionalit

Ausgabe #3/2016 • Die Zukunft ist jetzt

Die regionalen Kreditinstitute dürften überzeugt haben: Ihr Widerstand gegen undifferenzierte regulatorische EU-Anforderungen ist bei politischen VerantwortungsträgerInnen angekommen. Die Vorschriften für kleinere, regional tätige Institute sollen zumindest teilweise erleichtert werden, womit der Druck zum „regulatorischen Größenwachstum“ etwas abnehmen dürfte. Dies würde sich auch positiv auf die Sparkassen und ihre institutionelle Vielfalt auswirken. Denn ihre Tätigkeit ist – in einzelnen Ländern teilweise sogar gesetzlich festgelegt – an eine Region gebunden. 

Die Argumente des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) haben Anteil an dieser Entwicklung: Dort sah man bereits Mitte 2015 bei den Sparkassen – neben den Genossenschaftsbanken – als Vorzüge ihre intensive Verbindung zur gewerblichen Wirtschaft vor Ort, ihre territoriale Verwurzelung, ein eng geknüpftes kommerzielles Netz, Kundennähe, Finanzierung bestimmter Sektoren, Nähe zu den lokalen Interessen und den sozialen Aktivitäten und Solidarität als wesentliche Kennzeichen und Unterschiede zu den privaten, vor allem kapitalgesellschaftlich verfassten Banken.

Zweifellos bleibt die Aktienbank weiterhin das Entwicklungsziel in der EU; in vielen osteuropäischen Ländern ist die Aktiengesellschaft die einzige zulässige Rechtsform für Kreditinstitute. Die italienischen Sparkassen sind bereits in Aktiengesellschaften mit Beteiligung einer Bankstiftung rechtlich überführt worden. Auch viele Sparkassen in Österreich haben von den freiwilligen Umgründungsvorschriften Gebrauch gemacht und sind Aktiengesellschaften geworden. Doch die wesentlichen Unterschiede der Sparkassen zu den privaten Aktienbanken bestehen fort: Hier halten die Sparkassen-Aktiengesellschaften ihren regionalen Bezug und ihre Gemeinwohlorientierung aufrecht, sie sind gerade nicht börsennotiert, sondern haben einen einzigen Eigentümer, und dieser stellt seinerseits zum Beispiel im Falle einer Sparkassen-Privatstiftung die originäre Zwecksetzung einer Sparkasse auf eine breitere Basis, etwa auf den Gebieten der Pflege und Förderung des Sparkassengedankens, der Kunst, Wissenschaft und Forschung, der Wirtschaft und Technik, der Gesundheitspflege und der Fürsorge, der Kultur, des Sports und der Bildung, der Heimatpflege, der Umwelt, der Wohltätigkeit und des Naturschutzes sowie die Förderung des Gemeinwohls auf geistigem, kulturellem oder sittlichem Gebiet in jenen Regionen, die zum wirtschaftlichen Einzugsgebiet der Sparkasse gehören.

Allerdings haben sich auch Sparkassen in einigen Ländern Europas von ihren ursprünglichen Zielen entfernt und diese im Verlauf aufgegeben, sie haben sich „ökonomisiert“, indem sie Spekulationsgeschäfte eingegangen sind und in andere Regionen expandiert haben. Dadurch kam es in einigen Ländern, zum Beispiel in Spanien (Immobilienkredite) oder Italien, zu Regulierungs- und Sanierungsbedarf und setzen Maßnahmen ein, mit denen das SparkassenModell dort sein Profil verlor und größere, oft börsennotierte Einheiten entstanden.

Allerdings haben sich auch Sparkassen in einigen Ländern Europas von ihren ursprünglichen Zielen entfernt und diese im Verlauf aufgegeben, sie haben sich „ökonomisiert“, indem sie Spekulationsgeschäfte eingegangen sind und in andere Regionen expandiert haben. Dadurch kam es in einigen Ländern, zum Beispiel in Spanien (Immobilienkredite) oder Italien, zu Regulierungs- und Sanierungsbedarf und setzen Maßnahmen ein, mit denen das SparkassenModell dort sein Profil verlor und größere, oft börsennotierte Einheiten entstanden.

Rechtlich sind die Sparkassen in Europa hauptsächlich, aber nicht ausschließlich privatwirtschaftlich verfasst – so gibt es etwa in Deutschland vor allem öffentlich-rechtliche Sparkassen, neben den so genannten freien Sparkassen. Sie alle verbinden aber „Finanzgeschäft und soziale Zielsetzung“. Die österreichischen Sparkassen sind im Gegensatz zu den deutschen keine öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute, sondern juristische Personen des privaten Rechts. Sie wurden von Gemeinden oder Vereinen gegründet und haben als besondere Kennzeichen die Eigentümerlosigkeit und die Gemeinnützigkeit. Den sozialen Schwerpunkt setzt vor allem auch die Zweite Sparkasse: Sie ermöglicht Menschen, die wegen Arbeitslosigkeit oder Krankheit ihre Bankverbindung verloren haben, ein Bankkonto ohne Überziehungsrahmen.

SPANNUNGEN UND DIE RICHTIGE GRÖSSE
Ein Spannungsverhältnis entsteht für die Sparkassen aus der Zielsetzung, einerseits die Kapitalbasis zu stärken, eine angemessene Größe zu erreichen, die territoriale Verwurzelung und das hohe Niveau des Verbraucherschutzes zu erhalten und andererseits die grundlegenden Eigenschaften dieses einzigartigen Unternehmensmodells zu bewahren.

In Zahlen gefasst, hat sich seit dem Jahresende 2000 die Zahl aller österreichischen Kreditinstitute von insgesamt 923 Instituten mit 4.556 Zweigstellen auf 748 Institute mit 4.137 Zweigstellen verringert. Der Marktanteil der Sparkassengruppe ist in den zurückliegenden fünf Jahren – bezogen auf die Bilanzsumme – gleich geblieben. Ein Wachstum ist in einem gesättigten Markt, als der auch die österreichische, zuweilen als „overbanked“ bezeichnete Kreditwirtschaft gelten kann, derzeit vor allem durch Zusammenschlüsse zwischen Instituten eines Bankensektors möglich.

Dabei gehen in der Wissenschaft die Ansichten darüber, welches die betriebswirtschaftlich optimale Größe sei, auseinander. Regulatorische Anforderungen, wie sie aufgrund der zusätzlichen (Transaktions-)Kosten in Gestalt etwa von Melde-, Kontroll- und Überwachungs- sowie Kapitalunterlegungsvorschriften auftreten, lassen Lösungen in einem größeren Maßstab wirtschaftlicher erscheinen und drängen die Institute jenseits ökonomischer Notwendigkeiten und ausgewogener Risikoprofile in größere, komplexere Einheiten, mit durchaus auch für das einzelne Institut größeren Risiken.

Die Sparkassen in Deutschland zum Beispiel dürfen mit durchschnittlich rund 2,77 Milliarden Euro Bilanzsumme schon als vergleichsweise groß gelten, sie sind aber nur halb so groß wie der Durchschnitt innerhalb der Gruppe der privaten Regionalbanken und sonstigen Kreditbanken, jedoch um mehr als das Doppelte größer als eine Kreditgenossenschaft mit durchschnittlich 800 Millionen Euro Bilanzsumme. Dennoch geht auch ihre Zahl zurück (von 562 Sparkassen Ende 2000 auf 414 Institute Ende 2015). Ein weiterer Rückgang wird zuweilen aus Erwägungen der Eigentümer gestoppt: Im Bundesland Bayern beabsichtigten Anfang 2016 die Sparkassen Ingolstadt (Bilanzsumme 2014: 3,85 Milliarden Euro), Eichstätt (1,06 Milliarden Euro) und Pfaffenhofen (1,19 Milliarden Euro) zu verschmelzen, zwischenzeitlich regte sich aber Widerstand auf Seiten der Stadt Pfaffenhofen.

Ähnlich ist die Situation in Österreich, wobei hier der Durchschnitt bei fast zwei Milliarden Euro Bilanzsumme liegt, etwas verzerrt durch die drei sehr großen Institute Erste Bank Oesterreich AG, Steiermärkische Bank und Sparkassen AG und Allgemeine Sparkasse Oberösterreich Bank-AG.

Wenn derzeit in allen Bankengruppen – vor dem Hintergrund der regulatorischen Anforderungen, aber auch neuen, das Kundenverhalten beeinflussenden Technologien – die Zahl der Institute und Filialstandorte geprüft und angepasst wird, so muss dies nicht zu Lasten der regionalen Präsenz und Aktivität geschehen. 

Selbst im Falle möglicher Fusionen, würde der Erhalt der ursprünglichen Eigentümer, der jeweiligen Sparkassen-Privatstiftungen der fusionierenden Institute, eine Garantie bieten, institutionell in der Region weiterhin präsent zu bleiben und den Gemeinwohlauftrag auch über das Bankgeschäft hinaus zu pflegen. Durch die Aktienbeteiligung sind Sparkassenstiftungen eng mit ihren jeweiligen Sparkassen verbunden – ein Teil der Dividendenerträge wird für regionale Projekte verwendet. Sie setzen aber auch durch ihre eigenen Möglichkeiten, der Sparkasse über deren Gewinnthesaurierung hinaus zusätzliches Eigenkapital zuzuführen, Grenzen im Wachstum und fördern damit ein organisches, auf dem Sparkassengeschäft basierendes Wachstum der Institute. 

Die heute 35 Sparkassenstiftungen stehen für Förderung, Unterstützung und Weiterentwicklung der Region. Sie sind Impulsgeber für die Entwicklung der regionalen und gesellschaftspolitischen Infrastruktur und unterstützen sozial tätige Vereine und Gruppen, Projekte für Jugend und Sport oder Ideen, die der Umwelt und dem Gemeinwohl in der Region zugutekommen, und sie schärfen das Profil der Sparkasse als sozial verantwortliches Kreditinstitut. Holger Blisse unterrichtet unter anderem an der FH Joanneum Graz und ist auf genossenschaftliche und sozialpolitische Themen spezialisiert.