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Finanzielle Gesundheit von Frauen: Es gibt noch viel zu tun

Ausgabe # Juli/2022 • FINANZIELLE GESUNDHEIT

UNABHÄNGIGKEIT AUF ALLEN EBENEN IST DAS ERKLÄRTE ZIEL DER WEIBLICHEN EMANZIPATIONSBEWEGUNG DER VERGANGENEN JAHRZEHNTE. VIELES HAT SICH BEREITS ZUM POSITIVEN VERÄNDERT, IN MANCHEN BEREICHEN GIBT ES JEDOCH NOCH AUFHOLBEDARF. BESONDERS IN PUNCTO FINANZEN IST DIE REALITÄT NOCH WEIT VOM ZIEL ENTFERNT. WER RUNDUM UNABHÄNGIG SEIN MÖCHTE, MUSS BIS INS HOHE ALTER ÜBER GENÜGEND EIGENE FINANZIELLE MITTEL VERFÜGEN – DAS IST BEI VIELEN FRAUEN NICHT DER FALL.

 

Manfred Bartalszky
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„ES IST SINNVOLL ZUMINDEST EINEN TEIL DES VERMÖGENS
ZU VERANLAGEN, UM DIE NEGATIVEN EFFEKTE DER HOHEN
INFLATION ABZUFEDERN.“

Markus Kaller,
Wertpapier-Experte Erste Group

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HÖHERES ARMUTSRISIKO, GRÖSSERE ABHÄNGIGKEIT

Das belegen auch die Ergebnisse einer Studie, die von Zahlen der Statistik Austria und Eurostat untermauert sind. In dieser Untersuchung wurden die finanziellen Realitäten von Frauen in Österreich genauer analysiert, das ernüchternde Gesamtbild wurde zum Frauengesundheitstag von Gerda Holzinger-Burgstaller, der Vorstandsvorsitzenden der Erste Bank, und Markus Kaller, dem Wertpapier-Experten der Erste Group, präsentiert. Das Fazit: Die finanzielle Gesundheit von Frauen ist, alles in allem, häufig angeschlagen. Für dieses Problem gibt es mehrere Gründe, unter denen sich neben dem nach wie vor bestehenden Gender Pay Gap auch die Teilzeitquote befindet. Diese beläuft sich bei weiblichen Angestellten auf rund 47,3 Prozent, es arbeiten also deutlich mehr Frauen als Männer in Teilzeit. Das hat zur Folge, dass Frauen trotz einer höheren Lebenserwartung, die im Schnitt bei 84 Jahren liegt, länger mit einer geringeren Pension auskommen müssen – in Zahlen gegossen sind es um zirka 42 Prozent weniger finanzielle Ressourcen im Alter, als Männer in diesem Lebensabschnitt zur Verfügung haben.

Die Finanz-Realität der Frauen

SCHLÜSSELFAKTOR SELBSTVERANTWORTUNG

Diese Lücken im Versicherungsverlauf und das geringere Einkommen sind auf Kinderbetreuungszeiten zurückzuführen, die immer noch häufiger von Frauen übernommen werden. Das wirkt sich negativ auf den Lebensstandard im Alter aus: „Frauen sind oft gefährdet in die Altersarmut zu schlittern. Umso wichtiger ist es, dass Frauen sich selbständig mit dem Thema Finanzen und Vorsorge auseinandersetzen. Das ist eine wichtige Investition in die Zukunft. Zudem sollten sie sich angesichts einer Scheidungsrate von über 37 Prozent in Österreich auch nicht auf den Partner verlassen. Finanzielle Selbstverantwortung und Unabhängigkeit sind immens wichtige Themen“, erklärt Gerda Holzinger-Burgstaller. Die Abhängigkeit von Partner:in oder Familie ist nur eine der Folgen mangelnder finanzieller Gesundheit. Obwohl 81 Prozent der im Zuge der Studie befragten Frauen angaben, dass ihnen finanzielle Unabhängigkeit sehr wichtig ist, zeigt die Realität ein anderes Bild: Frauen sind doppelt so oft auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Ein wichtiger Punkt, den auch Holzinger-Burgstaller anspricht, ist die Selbstverantwortung: Einen Überblick über die eigenen Ressourcen und Ersparnisse zu haben und mit seinem Budget auf lange Sicht vorauszuplanen ist ein Schlüsselfaktor für monetäre Unabhängigkeit.

... doch Frauen sind doppelt so oft auf finanzielle Unterstützung angewiesen

Manfred Bartalszky
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„ES IST WICHTIG, DASS FRAUEN SICH SELBSTÄNDIG MIT
DEM THEMA FINANZEN UND VORSORGE AUSEINANDERSETZEN.
DAS IST EINE WICHTIGE INVESTITION IN DIE ZUKUNFT.“

Gerda Holzinger-Burgstaller,
Vorstandsvorsitzende Erste Bank

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ABSICHERUNG DURCH INFORMATION

Um auf die negativen Folgen von Teilzeit, Gender Pay Gap und Co auf den finanziellen Haushalt von Frauen aufmerksam zu machen und diesen entgegenzuwirken, ist eine umfassende Finanzbildung unabdingbar. Dazu zählt vor allem das Wissen über Veranlagung und Altersvorsorge, mit der die Gefahr von Altersarmut deutlich gesenkt werden kann. Gerade angesichts der aktuellen Inflationsrate ist es relevant, sich mit Wertpapieren auseinanderzusetzen. Darauf weist auch der Wertpapierexperte Markus Kaller hin: „Die hohe Inflation wird uns noch einige Zeit lang begleiten und es ist aktuell extrem schwierig, sie zu schlagen. Deshalb ist es sinnvoll zumindest einen Teil des Vermögens zu veranlagen, um die negativen Effekte abzufedern.“ Tatsache ist aber, dass Frauen im Vergleich zu Männern in puncto Wertanlage immer noch häufiger auf den Faktor Sicherheit setzen und auf risikoreiche Investments eher verzichten.

Frauen ist finanzielle Unabhängigkeit „sehr wichtig“

Das klassische Sparen hat jedoch ausgedient, denn mit den Zinsen eines Sparbuchs im Laufe der Zeit Geld zu verdienen ist mittlerweile unmöglich – auch in Zukunft wird sich diese Tatsache wohl nicht so schnell ändern. Eine breite Anlagestrategie ist daher das Mittel der Wahl zur finanziellen Absicherung im Alter, die aus oben genannten Gründen besonders für Frauen von Bedeutung ist. Um das Sparen mit Wertpapieren attraktiver zu machen, braucht es dringend einen Imagewechsel: „Wir müssen in Österreich eine neue Wertpapierkultur schaffen und weg vom negativ behafteten Spekulationsimage. Es geht schlicht und einfach darum, allen Menschen bessere Möglichkeiten zu bieten vorzusorgen, insbesondere fürs Alter“, betont Holzinger-Burgstaller.