Sparkassen Zeitung

Economy

New Deal

Ausgabe #3/2016 • Die Zukunft ist jetzt

Der dringende Bedarf für einen „New Deal“ mit der Politik und die neuen Fesseln durch überbordende Regularien für Banken: Der diesjährige Sparkassentag in Linz legte den Finger gleich auf mehrere Wunden. Die heimischen Sparkassen bekannten sich zur KMU-Finanzierung. Doch der zentrale Appell an Politik und Regulatoren lautet: Proportionalität.

Wirtschafts- und Sozialreformen, das ist es, was ein Land benötigt, wenn widrige wirtschaftliche Bedingungen dies einfordern. Wie im krisengebeutelten USA der 30er Jahre, als der New Deal als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise durchgesetzt wurde – eine Reihe von Maßnahmen, die kurzfristig die Not lindern und langfristig die Wirtschaft beleben sollten. Das tat der New Deal, der der keynesianischen Konjunkturpolitik entsprach auch, zugleich stiegen dadurch auch die Staatsschulden enorm an.

„Unsere Hauptaufgabe ist es nicht, Risikoberichte an die EZB zu verfassen, sondern Kredite zu vergeben“, formulierte Thomas Uher, Vorstandsvorsitzender der Erste Bank Oesterreich das regulatorische Unbehagen. Allein sein Institut habe bisher nicht weniger als 560 Anfragen der EZB zu beantworten gehabt. Verbandspräsident Gerhard Fabisch konkretisierte das Phänomen Überregulierung anhand eines konkreten Wirtschaftszweigs: „Wäre die österreichische Hotellerie in den vergangen Jahrzehnten unter Anwendung der aktuellen Regularien finanziert worden, wir hätten heute bei weitem nicht die Standards und das Serviceniveau im heimischen Tourismus.“

Die strategischen Schwerpunkte der künftigen Sparkassenpolitik wurden in Linz bekräftigt: Ausbau der Hausbankenfunktion, Innovationsführerschaft, Kooperationen im Großkundengeschäft, die bessere Nutzung der Dienstleistungen von Sektorgesellschaften und die bewusste Reduktion der Komplexität im Bankgeschäft.

Große Aufmerksamkeit bei den TeilnehmerInnen erntete Franz Schellhorn, Direktor der Agenda Austria, der sich mit der Notwendigkeit eines wirtschafts- und gesellschaftspolitischen New Deals – der seit Wochen zu den politischen Standardbegriffen der amtierenden Koalition zählt – für Österreich auseinandersetzte. „Wie ist die schlechte Laune aus den Betrieben zu vertreiben?“, so seine simple Fragestellung, die gar nicht so komplexe Antworten erfordere.

AKTUES AUSGABEPROBLEM
Schellhorn ist überzeugt: Österreich hat ein akutes Ausgabenproblem bei den öffentlichen Finanzen. Bei einer Steuer-  und Abgabenbelastung von gut 44 Prozent des BIP – und damit im internationalen Spitzenfeld – wachsen die Schulden munter weiter. Seit dem Jahr 1980 habe sich zwar das nominelle BIP mehr als vervierfacht, doch gleichzeitig seien die Schulden auf fast das Elffache gestiegen. Eine „stolze Leistung“, die plastisch vor Augen führte, dass Österreich einen großen Teil der vielgerühmten sozialen Sicherheit und „Lebensqualität“ (einschließlich des nach wie vor extrem niedrigen durchschnittlichen Pensionsantrittsalters) auf Pump finanziert habe. Im vergangenen Jahrzehnt seien die Ausgaben um 35 Prozent gestiegen, während die Einnahmen um 39 Prozent zugelegt hätten. Fazit: Nach wie vor werde versucht, die Staatsfinanzen über erhöhten Steuerdruck einigermaßen im Gleichgewicht zu halten.

„Österreich hat mit dieser Politik einen Rekordstand bei der Staatsverschuldung und bei der Arbeitslosigkeit erreicht, während wir beim Wirtschaftswachstum mit Finnland und Griechenland um das Schlusslicht rittern“, sagt Schellhorn.

Der Chef des wirtschaftsliberalen Thinktanks formuliert seine Exit-Strategie in Richtung New Deal durchaus plakativ: „Schulden bremsen wie die Deutschen, Pensionen sichern wie die Schweden, Schulen reformieren wie die Holländer und den Föderalismus leben wie die Schweizer“.

Die konkreten Rezepturen „sind nicht neu, aber man muss endlich damit beginnen“. Schellhorn fordert unter anderem eine nachhaltige Durchforstung der Gewerbeordnung, die Freigabe der Ladenöffnungszeiten sowie die Beschleunigung der Firmen-Neugründungen.

Wie kann man die für Wachstum und Arbeitsmarkt dringend erforderlichen InvestorInnen zurückholen? Wichtig sei es, mit Reformen Vertrauen zurückzugewinnen. Darüber hinaus sollte die vorzeitige Abschreibung eine Renaissance erleben und schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme sollten sich auf den Bildungsbereich konzentrieren. „Muss es uns erst wirklich so schlecht gehen wie den Schweden vor 20 Jahren, um in Österreich grundlegende Reformen anzupacken?“, so die ebenso bange wie zweifelnde Frage des Vordenkers aus der Agenda Austria. In der Regierungskoalition steht sie zumindest einmal – wenn auch verklausuliert – auf der Agenda. Bis zum Herbst sind operative Maßnahmen versprochen. Also dann!