Sparkassen Zeitung

Land und Märkte

„Bei Familienunternehmen muss die Chemie stimmen“

Ausgabe #3/2017 • Next Generation

Die Welt wird dynamischer und schnelllebiger – das betrifft auch den Arbeitsmarkt. Das Sparkassenmagazin sprach mit Michael Schaumann, Headhunter und Managing Partner beim globalen Executive-Search-Unternehmen Stanton Chase, über aktuelle Mitarbeiter- und Führungskräftetrends.

Michael Schaumann, Headhunter und
Managing Partner Stanton Chase, empfiehlt für
Familienunternehmen hemdsärmelige Manager-Typen.

Sparkassenzeitung: Wie findet man als Headhunter die passende Person für den passenden Job?

Michael Schaumann: Der Kern unserer Arbeit besteht darin, eine akribische und zeitintensive Recherche am internationalen Kandidatenmarkt zu betreiben. Es geht darum, wirklich alle in Frage kommenden und interessierten Kandidatinnen und Kandidaten anzusprechen und Information zu sammeln und zu einem großen Gesamtbild zusammenzusetzen. Im Schnitt sprechen wir mit rund 300 potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten und etwa 50 Quellen pro Mandat.

Der Begriff Familienunternehmen suggeriert eigentlich, dass ein Unternehmen von einer Familie geführt wird. Warum setzt man zunehmend auf Führungskräfte von außen?

Schaumann: Das eine schließt das andere nicht aus. Bei vielen eigentümergeführten Unternehmen, die heutzutage Führungskräfte von außen suchen, bleibt die Familie ein aktiver Unternehmensfaktor. Doch moderne Unternehmen müssen sich dem Markt öffnen und auch Wissen und Management-Know-how einkaufen. Ansonsten droht Stillstand, und das führt früher oder später zu Problemen am Markt.

Sie besetzen viele Management-Positionen in Familienunternehmen. Worauf kommt es hier an?

Schaumann: Entscheidend ist, dass die ausgewählten Kandidatinnen und Kandidaten dem Familienunternehmen einen Mehrwert bringen und sich selbst ein bisschen als Eigentümer sehen. Wer nicht das „Unternehmer-Gen“ in sich trägt, hat bei Familienunternehmen im Top-Management keine Chance. Externe Manager müssen das Unternehmen auf die nächsthöhere Stufe bringen. Aber gerade bei Familienunternehmen muss die Chemie stimmen, wer im ersten Jahr nicht zu 100 Prozent das Vertrauen der Eigentümer erhält, kann bald wieder gehen. Führungspersönlichkeiten, die von außen in ein Familienunternehmen hineinkommen, müssen zudem akzeptieren, dass ab einem gewissen Punkt der Eigentümer, die Eigentümerin das letzte Wort hat. Besonders für Manager, die in börsennotierten Konzernen gearbeitet haben, ist das eine oft eine schwer zu nehmende Hürde.

Welche KandidatInnen bieten hier gute Voraussetzungen?

Schaumann: Loyale, integre und grund- ehrliche Macher-Typen kommen bei Familienunternehmen gut an. Solche Unternehmen zeichnen sich oft durch eine klare Kommunikation und kurze Entscheidungswege aus. Konzerntaktik ist hier weniger gefragt. Oft erkennt man diese Typen daran, dass sie bereits selbst kleine Unternehmen, zum Beispiel in ihrer Studienzeit, gegründet und geführt haben oder auch die Eltern in irgendeiner Art freiberuflich tätig waren. Solche Kandidaten und Kandidatinnen denken unternehmerisch und haben keine Angst, auch mal anzupacken oder etwas durchzukämpfen.

Sind Familienunternehmen etwas für junge Führungspersönlichkeiten?

Schaumann: Auf jeden Fall bieten diese sehr spannende Perspektiven. Meist lernt man hier das Handwerk der Unternehmensführung von der Pieke auf, und hier lassen sich auch alle Unternehmensbereiche hautnah erleben. Überzeugt man den Patron einer Familie, wird man gefördert. Nur muss man darauf achten, dass man sich nicht zu sehr vereinnahmen lässt und Auseinandersetzungen nicht zu persönlich werden. Zudem darf man nie vergessen, dass man nicht Teil der Eigentümerfamilie, sondern angestellt ist.