Sparkassen Zeitung

Economy

Insight Brüssel

Ausgabe #3/2018 • Tourismus

Burkhard Balz MdEP, finanzpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, besuchte bei einem Wien-Aufenthalt am 20. Juni den Erste Campus. Wir haben die Gelegenheit für ein Interview im Sparkassenmagazin genutzt.

Herr Balz, Österreich übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft mit herausfordernden Themen wie etwa der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion. Wie beurteilen Sie diese Periode, wo sollte man Ihrer Meinung nach besondere Schwerpunkte setzen?

Burkhard Balz: Österreich übernimmt die Ratspräsidentschaft sicherlich in einer kritischen Phase. Das Arbeitspensum der Co-Gesetzgeber in Brüssel bis zur Europawahl im Mai 2019 ist enorm hoch. Um besonders im Bereich der Finanzmarktregulierung wichtige Reformen und Impulse noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg bringen zu können, müssen jetzt Prioritäten gesetzt werden. Dabei stehen Dossiers wie die Überarbeitung der Eigenkapitalrichtlinie und der Europäischen Finanzaufsichtsstruktur sicher ganz oben auf der Liste des Ausschusses für Wirtschaft und Währung im Europäischen Parlament. Doch auch bei der 

Vertiefung der EWU haben wir jetzt noch die Chance richtungsweisende Entscheidungen zu treffen.

Die Globalisierung schreitet voran. Bedeutet dies über kurz oder lang, dass auch im europäischen Bankenbereich nur mehr Platz für große Strukturen, für große Kreditinstitute sein wird?

Meeting am Erste Campus:  Burkhard Balz, finanzpolitischer Sprecher der EVP im Europäischen Parlament (re.), mit ÖSPV-Generalsekretär Franz Portisch (li.)
Meeting am Erste Campus:
Burkhard Balz, finanzpolitischer Sprecher der EVP im
Europäischen Parlament (re.),
mit ÖSPV-Generalsekretär Franz Portisch (li.)

Balz: Die regionalen und kleinen Institute haben besonders im österreichischen und deutschen Bankensystem eine immens wichtige Rolle durch ihre lokale Präsenz als Ansprechpartner für Privatkunden und als Finanzierer besonders für KMU. Dieser enge Kundenkontakt und die damit verbundene Expertise bieten den kleineren Kreditinstituten in vielen Bereichen sicherlich einen Wettbewerbsvorteil. Dennoch ist der Bankensektor in anderen europäischen Ländern wesentlich zentralisierter. In Brüssel haben wir diese Vielfalt anerkannt und schätzen sie, darum verankern wir den Proportionalitätsgedanken immer weiter in der Bankenregulierung.

Wie können regional tätige kleinere Banken in Europa bei zunehmender Komplexität in der Aufsicht und Regulatorik entlastet werden? Stichwort Proportionalität.

Balz: Als Initiativgeber von Gesetzesvorschlägen sollte insbesondere die Europäische Kommission genauer darauf achten, welche regulatorischen Vorschriften für kleinere Banken notwendig und effizient sind, ohne sie dabei so zu belasten, dass das Geschäftsmodell in Frage gestellt ist. Um das umfassend zu beurteilen, bedarf es mehr und besserer Auswirkungsstudien und einer Bestandsaufnahme der regulatorischen Entwicklung seit der globalen Finanzkrise. Schon jetzt bemühen wir uns im Europäischen Parlament, die kleineren Banken besonders im Bereich der Reportingund Disclosure-Pflichten zu entlasten, denn hier sind die Anforderungen und Auswirkungen ganz andere als bei den großen systemisch relevanten Instituten.

Sie besichtigen in Wien den Financial Life Park am Erste Campus. Wie wichtig ist Wirtschafts- und Finanzbildung für Jugendliche?

Balz: Äußerst wichtig! Nur wenn den Jugendlichen die Grundlagen des Finanzwesens vermittelt werden, können sie informierte Entscheidungen treffen und somit eigenständig ihre finanziellen Angelegenheiten regeln. Besonders im aktuellen Niedrigzinsumfeld ist es für Schülerinnen und Schüler wertvoll zu lernen, welche Möglichkeiten zum Sparen und Anlegen existieren, um so Wege zu finden, einen potenziellen Wertverlust ihrer Ersparnisse zu vermeiden. Ich bin daher auch vom Financial Life Park begeistert. Es braucht Innovationen und Initiativen wie diese, um Finanzbildung zu fördern und Schülerinnen und Schülern anwendbares Wissen zu vermitteln.