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Insight Brüssel

Ausgabe #6/2018 • Erfolg

Der Österreichische Sparkassenverband organisierte über sein Brüssel-Büro zahlreiche Gespräche für einen direkten Austausch zwischen Vorständen aus der Sparkassengruppe und VertreterInnen aus EU-Kommission und EU-Parlament sowie PressekorrespondentInnen. Besonders die neuesten EU-Beschlüsse zur aktuellen Finanzpolitik und die hohen regulatorischen Anforderungen an Banken standen dabei im Fokus.

Artikelfoto: ÖSPV-Generalsekretär Franz Portisch und die ab Anfang 2019 amtierende Vorständin der Sparkasse Oberösterreich, Stefanie Huber, diskutierten in der EU-Hauptstadt unter anderem die Themen Retail, Fintechs und Digitalisierung sowie notleidende Kredite.

Den Beginn der Brüssel-Besuchsreihe machte Stefanie Huber, designierte Vorständin der Sparkasse Oberösterreich, die im Oktober gemeinsam mit Franz Portisch, Generalsekretär des Österreichischen Sparkassenverbandes, in der EU-Hauptstadt auf die besondere Struktur und die Bedürfnisse der regionalen Sparkassen aufmerksam machte. Gemeinsam hoben sie die Bedeutung der regionalen Verankerung für das Kunde-Bank-Verhältnis hervor. So lassen sich etwa Rückschlüsse auf die Arbeitsplatzsicherheit von KreditkundInnen ziehen, wenn die Sparkasse die Solidität des Arbeitsgebers ihrer KundInnen kennt. In Hinblick auf die Themen Fintechs und Digitalisierung forderte Huber eine Gleichbehandlung („level-playing-field“) der Marktteilnehmer. Wenn eine nationale Aufsicht eine Sandbox (hier können Anwendungen getestet werden, ohne bereits sämtliche aufsichtsrechtliche Anforderungen erfüllen zu müssen) anbietet, muss diese auch von traditionellen Finanzdienstleistern genutzt werden können und nicht nur von Fintechs. Um eine Fragmentierung des Binnenmarktes zu vermeiden, sprach sich Huber für einen einheitlichen EU-Sandbox-Ansatz aus. Darüber hinaus regte Huber für künftige Initiativen an, auf das neue Nutzerverhalten im digitalen Bereich einzugehen, zum Beispiel den Rechtsrahmen zu vereinfachen, um die Abwicklung von „Klick-Produkten“ (zum Beispiel Klick-Kredite) für alle Beteiligten zu erleichtern. Dass EU-Regularien besonders regionale Sparkassen vor Herausforderungen stellen, zeigte Huber am derzeitigen Status quo auf. „Momentan herrscht der Eindruck, dass sich der EU-Gesetzgeber nicht bewusst ist, wie direkt sich die Vorschriften auf die Wirtschaft in der Region auswirken. Der Verkauf eines notleidenden Kredits, eines NPL etwa hat auch den Abgang von Arbeitsplätzen und Dienstleistungen zur Folge“, so Huber.

Franz Portisch und die Vorstandsdirektorin der Kärntner Sparkasse,
Gabriele Semmelrock-Werzer, trafen sich in Brüssel, um über aktuelle
EU-Finanzthemen zu sprechen. Organisiert  wurde das Treffen mit
EU-VertreterInnen von Amrit Rescheneder, Leiterin European Affairs
beim ÖSPV (rechts im Bild). Fotos: Amrit Rescheneder

Die kürzlich von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) beschlossene NPL-Obergrenze von fünf Prozent war auch zentrales Thema beim Pressegespräch mit APA- und ORF-KorrespondentInnen Anfang November, das die Vorstandsdirektorin der Kärntner Sparkasse, Gabriele Semmelrock-Werzer, gemeinsam mit Franz Portisch in Brüssel führte. Beide kritisierten, dass diese Obergrenze zu starr sei. „Ich habe nichts gegen eine Obergrenze von fünf Prozent, aber das muss man über einen Konjunkturzyklus betrachten“, erklärte Portisch, zumal die Sparkassengruppe jedes Jahr von der EZB geprüft werde. Starre Regelungen würden den Sparkassen und kleinen Banken letztlich die Entscheidung über die Kreditvergabe entziehen. Semmelrock-Werzer verwies zudem auf die enge Kundenbindung und die daraus resultierende Einschätzung der Kreditwürdigkeit: „Ich kann von der Papierform her zwei Kunden mit den gleichen Kennzahlen haben, aber wissen, dass ich einem einen Kredit geben kann, dem anderen aber nicht.“ Beide betonten, dass die gesamte Sparkassengruppe bei den NPL gut dastehe und diese im dritten Quartal des laufenden Jahres nur 3,5 Prozent ausmachten. Die Sparkassen hatten sich schon in der Finanzkrise sehr gut gehalten und die momentane Eigenkapitalquote „liegt bei uns bei 16 Prozent“, so Semmelrock-Werzer.

Hinsichtlich einer gemeinsamen Einlagensicherung EDIS zeigte sich Portisch skeptisch, er zieht eine Risikoreduzierung der Risikoteilung vor. Auch wenn man bereit sei, einen Beitrag in ein europäisches System zu zahlen, habe die österreichische Sparkassengruppe für den Bedarfsfall bereits selbst gut vorgesorgt. Foto: Amrit Rescheneder

Der dritte Brüssel-Besucher kam schließlich Ende November aus St. Pölten. Zusammen mit VertreterInnen aus der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament führten Helge Haslinger, Vorstandsdirektor der Sparkasse Niederösterreich, und Franz Portisch Gespräche mit dem Themenschwerpunkt Regulatorik. Haslinger sprach in diesem Zusammenhang über die Belastung für Banken, welche durch die sehr hohen bürokratischen Anforderungen verursacht werde und es Kleinbanken immer schwieriger mache die regionale Wirtschaft zu unterstützen. Kleinbanken seien das Rückgrat der Region – Großbanken würden diese Funktion nicht übernehmen können, da sie strategisch anders ausgerichtet seien.

Helge Haslinger, Vorstandsdirektor der Sparkasse Niederösterreich, und
Franz Portisch wiesen auf die überbordenden bürokratischen Anforderungen an Banken hin.

Der regulatorische Aufwand sorge auch für Unmut bei den KundInnen, die nicht verstünden, warum für ein einfaches Bausparprodukt so viele Formalitäten benötigt werden. „Heutzutage ist es für die Regulierungsseite wichtiger, dass Kundinnen und Kunden dokumentiert werden, als dass sie beraten werden“, kritisiert Haslinger. Obwohl dieses Problem im Europäischen Parlament bekannt ist, herrscht bei den EU-ParlamentarierInnen leider nach wie vor Uneinigkeit über die weitere Vorgehensweise. Die einen wären bereit die Anforderungen zu senken, die anderen möchten die Anforderungen sogar noch erhöhen.

Die persönlichen Berichte der Vorstände über die konkreten Auswirkungen der EU-Gesetzgebung auf das Alltagsgeschäft der Sparkassen wurden von allen Gesprächspartnern in Brüssel sehr interessiert und positiv aufgenommen und verstärken die kontinuierliche Interessenvertretung des Sparkassenverbandes bei allen relevanten EU-Institutionen.