Sparkassen Zeitung

Economy

Nachhaltig zum Erfolg

Ausgabe #September/2020 • FLEXIBILITY

DAS THEMA NACHHALTIGKEIT GEWINNT IMMER MEHR AN BEDEUTUNG. DIE KONSUMENT_INNEN INTERESSIEREN SICH DAFÜR, WIE UND WORAUS EIN PRODUKT HERGESTELLT WURDE UND WIE NACHHALTIG EINE SERVICELEISTUNG IST. FLEXIBLE KONZEPTE, DIE ZU UMWELTSCHUTZ UND RESSOURCENSCHONUNG BEITRAGEN, HABEN WÄHREND DER CORONA-KRISE AN WICHTIGKEIT ZUGELEGT.

Unternehmen, die nachhaltig produzieren oder nachhaltige Produkte herstellen, haben sich während der Corona-Pandemie bewährt. Auch während einer schwierigen Zeit auf die Umwelt zu achten, findet bei KundInnen großen Zuspruch.

Ein Start-up, das sich Nachhaltigkeit ganz klar auf die Fahnen geschrieben hat, ist „My Esel“. Das junge oberösterreichische Unternehmen erzeugt Fahrräder aus Holz und liegt damit im Trend. Während des Lockdowns blieb das Interesse an den innovativen Holzfahrrädern ungebrochen, das Geschäft verlagerte sich jedoch von den Stores auf den Online-Shop. Speziell ab April stieg die Nachfrage extrem an, wodurch die vorherigen Umsatz-Einbrüche ausgeglichen werden konnten. Doch was ist das Besondere an den Fahrrädern, die „Esel“ genannt werden? „Das Auffälligste zuerst: Bei unseren Eseln bauen wir die Rahmen aus verschiedensten Hölzern, wie Kernesche und Birke. Neben einer individuellen Konfiguration gibt es auch die Möglichkeit einen gänzlich maßgefertigten Rahmen für sich anpassen und bauen zu lassen. Damit können wir unsere Esel deutlich besser für die Anforderungen der zukünftigen Nutzerin oder des zukünftigen Nutzers optimieren“, erklärt Christoph Fraundorfer, Gründer von My Esel. Die Technologie für die Holzfahrräder stammt aus der Ski-Industrie und wird dort schon seit Jahrzehnten eingesetzt. Großer Wert wird im Unternehmen auch auf das Thema Nachhaltigkeit gelegt, was zunehmend auch für KundInnen ein kaufentscheidendes Argument ist. „Eine sinnvolle Nutzung von Ressourcen und auch ein faires Wirtschaften sind sehr wichtige Teile unserer Philosophie. Seit der Krise haben wir verstärkt Kundinnen und Kunden, die bewusst die Punkte Nachhaltigkeit und Regionalität als erste Auswahlkriterien bei uns kommuniziert haben“, so Frauendorfer.


STEADYSENSE

Das COVID-19-Früherkennungssystem
„SteadyTemp“ wurde während des
Corona-Lockdowns von SteadySense entwickelt.

Das steirische HealthTech-Start-up SteadySense war gerade dabei mit seinem Fruchtbarkeits-Tracker „femSense Kinderwunsch“ durchzustarten, als die Corona-Krise eintrat. „femSense Kinderwunsch“ hilft Paaren schwanger zu werden, indem ein Patch am Körper der Frau kontinuierlich die Temperatur misst. Eine App berechnet darauf basierend die fruchtbarsten Tage. „2020 hatte ganz gut begonnen – Anfang des Jahres konnten wir einen regelrechten Babyboom feiern, aber dann schlug Corona zu und machte unseren Absatzplänen einen Strich durch die Rechnung. Wir haben aber beschlossen, uns nicht kampflos zu ergeben, sondern etwas zu tun – und haben innerhalb von sechs Wochen mitten im Corona-Lockdown den Temperaturmess-Patch zur Ovulationserkennung zu einem kontinuierlichen Fieberthermometer, dem ‚SteadyTemp‘, weiterentwickelt“, erklärt Werner Koele, CEO und Founder von SteadySense.

„SteadyTemp“ ist ein intelligentes Fieberthermometer. Das Temperaturmesssystem besteht aus einem Sensor, der in einem Hautpflaster integriert über mehrere Tage hinweg kontinuierlich die Körpertemperatur misst. Die gespeicherten Temperaturwerte und Verläufe können mit jedem NFC-fähigen Smartphone ausgelesen werden. Das System eignet sich für Betriebe, Krankenhäuser, Altersheime und ähnliche Institutionen zur Früherkennung von fiebrigen Infekten. Der Temperaturverlauf durch kontinuierliche Aufzeichnung erlaubt Aussagen über die Ursache von Temperaturerhöhungen. „Durch die aktuellen Entwicklungen liegt unser Fokus derzeit zur Gänze auf der Entwicklung und Zulassung von ‚SteadyTemp‘ als COVID-19-Früherkennungssystem. Im Rahmen des COVID-19 Emergency Calls der Österreichischen Forschungsgesellschaft FFG wird das Projekt nun in sechsstelliger Höhe gefördert, damit kann es in der medizinischen Trial-Phase in großem Umfang und wesentlich beschleunigt getestet werden. Gerade wird ein Studienumfeld mit der MedUni Graz geschaffen, ein Feldtest wird bereits gemeinsam mit der japanischen Nagoya University durchgeführt. Mit China und Indien sind wir ebenfalls in regem Kontakt. Unser Zukunftsplan Nummer eins ist, dass unsere Innovation möglichst rasch zur Früherkennung von COVID-19 zum Einsatz kommt“,
so Koele.

ENERGIEAUTARK MACHEN

Johann Janker, Eigentümer der AAG-Holding GmbH,
arbeitet seit Jahren daran, sein Unternehmen
energieautark zu machen.

„Alles.Ausser.Gewöhnlich“ lautet seit über 30 Jahren das Motto der AAG-Holding GmbH aus Kilb in Niederösterreich. Das Unternehmen, das rund 45 MitarbeiterInnen beschäftigt, hat sich vom Kleinbetrieb mit rein landwirtschaftlichen Produkten zu einem führenden Unternehmen in der österreichischen Geflügelstalleinrichtungsbranche, im Handel mit Verpackungen für Frischeier und als stabiler Stammlieferant mit Frischeiern für den österreichischen Lebensmittelhandel entwickelt. Bereits vor zehn Jahren begann das Unternehmen durch die Errichtung einer Biomasseheizung damit, sich energieautark zu machen. Seither wurden laufend Schritte in Richtung Umweltschutz und Nachhaltigkeit gesetzt. „Auf unseren eigenen Feldern haben wir zwölf Hektar Miscanthusgras gepflanzt, womit wir jetzt den gesamten Betrieb zu 100 Prozent wärmeautark versorgen. 2019 haben wir eine 160-Kilowatt-Peak-Photovoltaik-Anlage auf einer Freifläche errichtet, somit verfügen wir gesamt über 170-Kilowatt-Peak-Photovoltaik-Anlagen. Mittlerweile wurde unser Fuhrpark mit sieben E-Autos erweitert, die an den firmeneigenen Elektrotankstellen mit sieben Ladepunkten aufgeladen werden können“, erklärt Johann Janker, Eigentümer und Geschäftsführer der AAG-Holding GmbH. Als nächster Schritt soll ein Energiemanagement-System installiert werden, das die Energieflüsse so steuert, dass in erster Linie der Photovoltaik-Strom betriebsintern verwendet wird. „Am Beispiel erklärt: Wenn die E-Autos Strom ziehen, werden der Tiefkühlraum und die große Waschanlage weggeschaltet. So vermeiden wir, mehr Strom zu verbrauchen, als wir tatsächlich produzieren. Früher haben wir die E-Stapler immer nach Dienstschluss an der EVN-Steckdose laden lassen müssen. Heute haben wir eine Batterie zusätzlich, damit die Batterien immer mit Photovoltaik-Strom geladen werden können und getauscht werden, wenn die jeweils andere leer wird. Mit dem Energiemanagement-System werden wir auf etwa 90 Prozent Eigenverbrauch aus der Photovoltaik-Anlage und auf ungefähr 80 Prozent Stromautarkie kommen“, so Janker.

ERFOLG MIT HONIG

Florian Petersdorfer konnte mit seinen
nachhaltigen Imkerei-Produkten auch
während der Coronakrise bestehen.

2015 machte Florian Petersdorfer sein Hobby zum Beruf und gründete das Unternehmen „Imkerei – Honig & Mehr GmbH“. Seither produziert er Bio-Honig, der auch zu innovativen Produkten weiterverarbeitet wird. Der Imker arbeitet streng nach biologischen Grundsätzen und tischlert sogar seine Bienenstöcke selbst. Bekannt wurde das Start-up durch Petersdorfers Aufritt in der TV-Show „2 Minuten 2 Millionen“, bei der er nach Investoren für sein aufstrebendes Unternehmen suchte. „Es war eine spannende Erfahrung mit dem Ausgang, dass ich alle fünf Investorinnen und Investoren überzeugen konnte“, erinnert sich Petersdorfer. Die Ausstrahlung der Sendung fiel in die Zeit des Corona-Lockdowns und schlug sofort ein. „Ich bin von den Investorinnen und Investoren vorbereitet worden, dass mein Unternehmen einen guten Push bekommen wird, da der Werbewert der Sendung groß ist. Aber es war noch mehr als erwartet. In den Tagen danach ist der Webshop leergeräumt worden. Wir waren Gott sei Dank vorbereitet und haben das gut abwickeln können. In den ersten 48 Stunden sind über 400 Bestellungen hereingekommen, wir haben an die 20.000 Euro Umsatz gemacht“, so Petersdorfer. Bestseller waren in dieser speziellen Zeit seine „Bienenbrot-Kapseln“ mit Propolis, die das Immunsystem unterstützen. Weitere Produkte sind Blütenhonig, Waldhonig, Cremehonig, Honigwein und Honig-Gin. Petersdorfer betreut mit seiner „Imkerei“ auch die Bienenstöcke großer Bienenschutzprojekte von Firmen. Um seine Erfahrungen und sein Wissen weiterzugeben, arbeitet der Imker auch mit dem Start-up-Hub „Startrampe“ der Sparkasse Oberösterreich zusammen. „Es freut mich, wenn ich bei so etwas dabei sein kann und vielleicht dem einen oder anderen helfen oder ihn unterstützen kann. Ich habe im letzten Jahr
viel gelernt, und wenn da etwas Brauchbares für jemanden dabei ist, dann freut es mich“, so Petersdorfer.

EFFIZIENT UND KLIMAVERTRÄGLICH

Durch Optimierungsalgorithmen der Hex GmbH
können Unternehmen agil planen
und Ressourcen effizient eingesetzt werden.

Die Hex GmbH ist im Lakeside Science & Technology Park in Klagenfurt am Wörthersee angesiedelt. Die Kernkompetenzen des KMUs mit aktuell 18 MitarbeiterInnen sind die Entwicklung und softwaretechnische Umsetzung von performanten KI-Algorithmen zur Prozessoptimierung im Zusammenhang mit Digitalisierung und Automatisierung. „Durch die wachsende Digitalisierung gestalten sich Planungsprozesse in der produzierenden und verarbeitenden Industrie sowie im Mobilitätssektor neu. Unsere forschungsintensiven Optimierungsalgorithmen sorgen dafür, dass Unternehmen der Bahn-, Holz-, Lebensmittelindustrie sowie im Personen- und Gütertransport agil planen und Ressourcen effizient einsetzen können“, so Philipp Hungerländer, CEO der Hex GmbH. Die Algorithmen sind äußerst skalierbar, sie funktionieren bei großen, komplexen Problemstellungen und reduzieren deren Prozesskosten um bis zu 20 Prozent. Aktuell setzt das Start-up innovative Projekte mit Unternehmen wie den ÖBB, Rail Cargo Austria und dem Verkehrsverbund Kärnten um. „Die forschungsintensiven Optimierungsalgorithmen, die das Team bereits für internationale Konzerne zur Flottenkoordination und Lokumlaufplanung entwickelt hat, zielen immer auf eine effizientere und damit klimaverträgliche Güter- oder Personenlogistik ab. Durch Optimierung kann Hex Leerläufe in der Produktion, Leerfahrten im Verkehrswesen und Verderb in der Lebensmittelindustrie minimieren und damit einen nachhaltigen Beitrag zu einer grüneren Zukunft leisten“, so Hungerländer.

Die Corona-Krise brachte Herausforderungen in ökonomischer, organisatorischer und sozialer Hinsicht für die Hex GmbH mit sich. „Die wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 in unterschiedlichen Industriezweigen nehmen wir als Chance wahr, das Potenzial von ressourceneffizienten, flexiblen Digitalisierungs-, Automatisierungs- und Optimierungslösungen aufzuzeigen“, erklärt Hungerländer. Als mittlerweile drei Jahre junges IT-Unternehmen ist man stolz auf ein jährliches Mitarbeiterzahlen- und Umsatzwachstum. Für die Zukunft ist weiteres organisches Wachstum in den Bereichen Data Analytics und Business Development geplant. „Unsere Mikro-ÖV-Lösung für den Betrieb und die Koordination von Fahrzeugflotten in ländlichen Regionen soll österreichweit sowie in Südtirol und Bayern angeboten werden“, so Hungerländer. 

SELBSTMACH-BÜCHER FÜR KINDER

Das Start-up „Seitenbunt“ bietet Kindern die Möglichkeit,
kreativ zu sein und nachhaltige Bücher selbst zu gestalten..

Das Wiener Start-up „Seitenbunt“ bietet Kindern die Möglichkeit selbstständig Geschichten in einem eigenen Buch illustrativ entstehen zu lassen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Kind gut malen oder schreiben kann – mit dem Werkzeug-Koffer von Seitenbunt entsteht das erste eigene Werk. Im Koffer enthalten sind ein Buch mit festen Papierseiten, Buntstifte, Sticker zum Bemalen, Glitzerklebeband, Glitzerstift und Radiergummi. „Ich habe mir gedacht, es muss doch möglich sein, dass Kinder, egal ob sie schreiben oder malen, am Ende stolz ein eigenes, selbstgemachtes Buch in den Händen halten. Alle Sticker sind von mir selbstgemalt – hier habe ich mich von vielen kreativen und coolen Kindern beraten lassen, was sie gerne zeichnen oder schreiben“, so Unternehmensgründerin Gloria Hiltmair. Beliefert werden mit den Selbstmach-Büchern neben Privatpersonen auch Firmen, die nachhaltige und klimaneutrale Merchandise- oder Werbeartikel für Kinder möchten. Hiltmair erstellt und illustriert selbst firmenindividuelle Editionen, von der Verpackung bis zu allen Einzelteilen des Buchbastel-Sets. „Nachhaltigkeit ist mir besonders wichtig. Ich habe bei meinen Produkten zu 95 Prozent auf Plastik verzichtet. Alle Papiersorten und Verpackungen bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen und darüber hinaus lasse ich einen Großteil in einer Druckerei herstellen, die ausgezeichnet wurde, weil sie klimaneutral produziert“, so Hiltmair.

Die Corona-Krise hat auch bei Seitenbunt ihre Spuren hinterlassen. Kunden wie Kindergärten, Schulen und Hotels hatten wegen des Lockdowns plötzlich keinen Bedarf mehr. Allerdings setzte dann der Homeoffice-Effekt ein, denn Eltern suchten nach nachhaltiger Beschäftigung für ihre Kinder. Der Seitenbunt-Onlineshop wurde von Bestellungen überflutet. Da Hiltmairs Versandpartner die Mengen nicht bewältigen konnte, verwandelte sie kurzerhand ihren Keller in ein Logistikzentrum und erledigte die Bestellungen selbst. In naher Zukunft wird Seitenbunt auch international expandieren. Unter einer neuen Marke werden es die Bastelbücher für Kinder noch dieses Jahr in süd- und osteuropäische Länder schaffen.