Sparkassen Zeitung

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Finanzbildung im Fokus

Ausgabe #5 November/2021 • WERTEWANDEL

50 PROZENT DER JUGENDLICHEN FÜHLEN SICH NICHT AUSREICHEND FÜR DIE ZUKUNFT GERÜSTET UND HABEN ZWEIFEL, DAS EIGENE GELDLEBEN MANAGEN ZU KÖNNEN.

Um die Kenntnisse von Jugendlichen in Finanzfragen ist es schlecht bestellt. Dessen ist sich auch Österreichs Jugend bewusst, denn jede und jeder zweite Jugendliche fühlt sich mit der eigenen Finanzbildung nicht ausreichend auf die Zukunft vorbereitet. Rund zwei Drittel der 14-bis-20-Jährigen haben hier enormen Aufholbedarf und fordern mehr finanzielle Bildung ein. Dazu Bernd Spalt, CEO der Erste Group: „Das muss man wirklich ernst nehmen. Die nationale Finanzbildungsstrategie muss deshalb dringend mit Leben gefüllt werden.“

GRAVIERENDE WISSENSLÜCKEN

Schaut man beispielsweise in den Schuldenreport 2021, sind die Fakten dramatisch: 24,7 Prozent der KlientInnen sind 30 Jahre oder jünger und haben eine durchschnittliche Verschuldung von rund 32.000 Euro. Dabei sind die Schulden nicht zwingend das Resultat von zu geringem Einkommen oder Arbeitslosigkeit. Vor allem junge Menschen haben oft Schwierigkeiten beim Start in die finanzielle Selbstständigkeit. Grund dafür ist ein Wissensmangel, der den Jugendlichen auch das Vertrauen in die eigene Kompetenz nimmt, die es braucht, um das Geldleben selbstständig und erfolgreich managen zu können. Dass viele Jugendliche ihrer finanziellen Zukunft skeptisch entgegensehen, verwundert daher wenig. Das belegt auch der aktuelle Youth Empowerment & Participation (YEP)Jugendbericht im Auftrag des Erste Financial Life Park, bei dem 14- bis 20-Jährige befragt wurden (repräsentativ für die österreichische Bevölkerung). Nur jede/jeder fünfte Jugendliche weiß demnach genau, wie viel Geld im Monat ausgegeben wird. Jede/jeder Sechste hat überhaupt keine Übersicht über das Budget. Gleichzeitig hat bereits jede/jeder Fünfte Sorge, geborgtes Geld nicht mehr zurückzahlen zu können. Die Corona-Pandemie hat diese Unsicherheit zusätzlich erhöht.

FLiP SETZT JUGENDBEIRAT EIN

Der Erste Financial Life Park, kurz „FLiP“, ist eine weltweit einzigartige Einrichtung mit dem Ziel, die finanziellen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. „Mit dem FLiP können wir Interesse für Finanzthemen wecken und verständlich machen, wie wichtig es ist, sich mit der eigenen finanziellen Situation auseinanderzusetzen. Wir sind mit unserer Arbeit allerdings noch lange nicht am Ziel. Wir wollen der Jugend eine Stimme geben und setzen deshalb ab sofort einen Jugendbeirat ein. Das fünfköpfige Gremium soll uns dabei unterstützen, genau die Themen zu bearbeiten, die den Jugendlichen wichtig sind und wo sie sich allein gelassen fühlen“, so Philip List, Leiter des FLiP.

Vor exakt fünf Jahren hat sich das FLiP als Vorreiter zur Aufgabe gemacht, die Finanzbildung bei Kindern und Jugendlichen voranzutreiben. Zum heurigen Jubiläum wurde erstmals Bilanz gezogen: So haben mehr als 100.000 Jugendliche in den vergangen fünf Jahren die unterschiedlichsten Bildungsangebote des FLiP in Anspruch genommen.

MEHR FINANZBILDUNG IN SCHULEN NOTWENDIG

Besonders das Finanzbildungsangebot im Unterricht wird von den Jugendlichen kritisch beurteilt. Auf einer Bewertungsskala von eins bis zehn schneidet die Wissensvermittlung im Schulunterricht mit einem Durchschnittswert von 3,6 desaströs ab. Dass Finanzbildung für das berufliche Fortkommen und eine positive Zukunft essenziell ist, haben Österreichs Jugendliche allerdings längst erkannt und formulieren laut FLiP-Studie den klaren Wunsch nach mehr Informationen und Praxisorientierung zu Geld- und Finanzthemen. Spalt: „Finanzbildung kann jedoch nicht alleine die Aufgabe von Unternehmen sein. Finanzbildung muss jetzt wirklich Einzug in den Pflichtschulunterricht finden. Auch das Lehrpersonal muss dahingehend geschult werden.“ Die 14-bis-20-Jährigen wünschen sich vor allem in der Primar- und Sekundarstufe 1 gezielte Finanzbildung, denn in der Schule würden alle jungen Menschen losgelöst von ihrem familiären Hintergrund erreicht, so die Meinung der Jugendlichen.

Eine zentrale Rolle beim Thema Finanzbildung spielt aber auch das eigene Elternhaus. Rund 20 Prozent geben an, zuhause oft über Geld zu sprechen – bei der Hälfte der Befragten ist das zumindest manchmal der Fall. Bei einem Drittel wird das Thema Finanzen & Co allerdings kaum bis gar nicht angesprochen. Dabei herrscht ein enormer sozialer Unterschied, denn Jugendliche aus bildungsfernen Schichten sind hier deutlich benachteiligt. Laut der aktuellen Studie sehen die Befragten auch Aufholbedarf im familiären Umfeld und wünschen sich offene Gespräche und mehr Einblick bei Geldangelegenheiten.

Bernd Spalt
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„DIE NATIONALE FINANZBILDUNGSSTRATEGIE MUSS JETZT DRINGEND MIT
LEBEN GEFÜLLT WERDEN.“

Bernd Spalt, CEO der Erste Group

Foto: Wolfgang Zack suspenders
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Eine zentrale Rolle beim Thema Finanzbildung spielt aber auch das eigene Elternhaus. Rund 20 Prozent geben an, zuhause oft über Geld zu sprechen – bei der Hälfte der Befragten ist das zumindest manchmal der Fall. Bei einem Drittel wird das Thema Finanzen & Co allerdings kaum bis gar nicht angesprochen. Dabei herrscht ein enormer sozialer Unterschied, denn Jugendliche aus bildungsfernen Schichten sind hier deutlich benachteiligt. Laut der aktuellen Studie sehen die Befragten auch Aufholbedarf im familiären Umfeld und wünschen sich offene Gespräche und mehr Einblick bei Geldangelegenheiten.