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Eine alte Dame geht in den wohlverdienten Ruhestand - Ein Rückblick auf 116 Jahre Sparkassenzeitung

Ausgabe #Dezember/2022 • ZEITENWENDE

DIE SPARKASSENZEITUNG HAT SEIT IHRER GEBURT IM JAHR 1906 EINE SPANNENDE GESCHICHTE ERLEBT UND FÜR DIE SPARKASSEN – ALSO IHRE KINDER – VIELE UNTERSCHIEDLICHE FUNKTIONEN ERFÜLLT. SIE WAR HAUPTSÄCHLICH IHR NACHRICHTENORGAN UND HATTE KAUM EINEN ZEITPOLITISCHEN BEZUG. NUR GANZ WENIGE EREIGNISSE AUSSERHALB DES „GELDLEBENS“ WURDEN ERWÄHNT, WIE BEISPIELSWEISE DER TOD VON KAISER FRANZ JOSEF 1916 UND – SICHER ERZWUNGENERMASSEN – DER „ANSCHLUSS“ 1938. SELBST ÜBER DIE UNTERZEICHNUNG DES STAATSVERTRAGS IM JAHR 1955 FINDET MAN KEIN WORT.

DIE ERSTEN JAHRE
Die Sparkassenzeitung hatte vor 1906 bereits zwei Schwestern, die „Österreichisch-Ungarische Sparkassenzeitung“ und das „Sparkassen-Journal“, die von Privatmännern herausgegeben wurden. Diese versuchten als erste eine gemeinsame Sparkassenpolitik und waren maßgeblich an der Gründung der Sparkassen-Landesverbände und damit auch des Österreichischen Sparkassenverbandes unter seinem ersten Namen „Reichsverband der deutschen Sparkassen“ im Juni 1905 beteiligt. Das war gar nicht so einfach, weil die Sparkassen im 19. Jahrhundert ein sehr eigenständiges Leben führten und sich nur vom Staat durch die von ihm vorgegebenen Musterstatuten etwas sagen ließen. So liest man in einer dieser ersten Sparkassenzeitungen im Jahr 1890: „Die stolzen Sparkassenbarone, mit ihnen so manche Gemeindepaschas und andere, wachen mit Argusaugen darauf, dass ihr Zirkel nicht gestört werde. Lokale Sonderinteressen bilden ein gewaltiges Hindernis. Die Sparkassen fürchten, dass sie im Verband ein gewisses Maß an Selbständigkeit opfern müssen.“

Diese Einstellung der Sparkassen änderte sich, als sie auch außerhalb der großen Städte mit Mitbewerbern in Form der Postsparkasse, der Raiffeisenkassen, der Volksbanken und der Landes-Hypothekenanstalten konfrontiert wurden. Um das nun notwendige Sprachrohr für eine gemeinsame Sektorpolitik zu schaffen, wurde die „Deutsche Sparkassenzeitung“ gegründet. Sie erschien erstmals am 6. Jänner 1906 und verdrängte schrittweise ihre älteren „Schwestern“, die dann 1919 eingestellt wurden.

EIN INFORMATIONSMEDIUM
Die Aufgabe der neuen Zeitung bestand in der Wiedergabe der Protokolle der Verbandssitzungen, kreditwirtschaftlichen Nachrichten, Informationen für Sparkassen und Werbung für Heimsparkassen, Safe, Rechenmaschinen sowie für sonstige Materialien, die die Sparkassen durch die Technisierung im beginnenden 20. Jahrhundert benötigten. Ihre „Kindheit“ endete mit dem Ersten Weltkrieg, während dessen Verlauf sie viel Werbung für das Zeichnen der Kriegsanleihen machte, aber auch den Sparkassen half, diese schwierige Zeit zu überleben.

In der Zwischenkriegszeit wäre sie wie ihre „älteren Schwestern“ ebenfalls fast „gestorben“, aber man benötigte ein Informationsmedium, weil die Produktion und der postalische Versand von Rundschreiben an alle Institute durch die Erfindung der Matrizenmaschinen ansatzweise zwar noch vor 1938, umfassend aber erst nach 1950 möglich wurden. Ein neuer Schwerpunkt in den folgenden „Jugendjahren“ wurde die betriebswirtschaftliche Beratung ihrer „Kinder“. Sie bemühte sich um eine Vereinheitlichung der Buchhaltungssysteme und die Einführung einer einheitlichen Bilanz-, Spar- und Kreditstatistik als Hilfe für die sektorpolitischen Argumentationen gegenüber dem Staat, für die Lobbytätigkeit sowie für Sanierungsaktionen während der schwierigen Bankenjahre in der Inflationszeit und während der Wirtschaftskrise der 30er-Jahre.

Außerdem war die Sparkassenzeitung eine wichtige Trägerin des 1924 geschaffenen Weltspartag-Gedankens. Eine Sonderausgabe als Weltspartagsnummer gab es bis in die 1990er-Jahre. Dort erschienen auch Beiträge der Spitzenpolitiker: innen zu diesem Festtag des Sektors, und es wurde über die zahlreichen diesbezüglichen Aktivitäten in den Bundesländern berichtet.

BLÜTEZEIT NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG
Einen weiteren „schweren Zusammenbruch“ erlitt die Sparkassenzeitung nach der nationalsozialistischen Besetzung Österreichs, die ihr zehn Jahre ihres Lebens raubte, sodass sie eigentlich nicht 116 Jahre, sondern nur 106 erschien. Das war auch der Grund, warum es 2013 eine Sondernummer zum 100. Jahrgang gab. Erst 1947 tauchte sie nach dieser „lebensgefährlichen Krankheit“ wieder in der Öffentlichkeit auf und erlebte als „Erwachsene“ in der Zweiten Republik ihre Blütezeit. Sie erschien als nunmehr „Österreichische Sparkassenzeitung“ vierzehntägig, wurde vom neugegründeten Sparkassenverlag betreut und galt als Sprachrohr der damals entstandenen professionellen Öffentlichkeitsarbeit des Sparkassensektors. Sie entwickelte sich langsam von einem reinen Fachmagazin zu einem Lobbying- und Informationsinstrument nach außen, verlor weitgehend ihren amtlichen Charakter und wurde auch den wichtigsten Entscheidungsträger:innen der Politik und Wirtschaft zugesendet.

MIT NEUEM GESICHT
Dies wurde besonders zur Jahrhundertwende noch verstärkt, obwohl sie damals – bald 100 Jahre alt – ihre Reifephase begann. Deshalb wurde sie von Grafiker:innen „geliftet“, erschien im Farbdruck und in einem attraktiveren Layout. Beginnend mit Milan Frühbauer bekam sie professionelle Chefredakteur:innen. Bis dahin erfüllten die Generalsekretäre des Verbandes diese Aufgabe und gaben die Zeitung mit ihrem Sekretariat heraus. Die Generalsekretäre blieben aber weiterhin wichtige Autor:innen und sind bis in die Gegenwart durch ihr Editorial prominent vertreten.

Ab 2000 gab es neben den Nachrichten für die Sparkassen auch eine Wissenschafts-, eine Wirtschafts- und eine Europaseite. Externe Kommentare und Analysen bekamen immer mehr Bedeutung, und die Zeitung erhielt damit eine wichtige Rolle in der Imagepflege. Die letzte Seite wurde einige Jahre auch der einen oder anderen Glosse aus dem Bankleben gewidmet.

Jetzt muss man sich auch noch ihren insgesamt zwölf Schwestern in der Sparkassenfamilie zuwenden. Die älteste wurde schon vor 1938 unter dem Namen „Der kleine Sparer“ für die Jugend geschaffen, ihr folgte 1956 „Hallo Sparefroh“, die nun als einzige Print-Zeitung weiter existiert. Ebenfalls in den Ruhestand gegangen sind diverse Zeitschriften für die Mitarbeiter:innen, wie „Betrieb und Markt“ oder das „s Journal“ bzw. „TEAM“, und für die Kund:innen, wie „WIF – Wirtschaft in Form“ oder „s Kontakt“. Viele Jahre gehörte auch die auflagenstärkste Zeitung für Landwirte „Blick ins Land“ und das Magazin „Gesünder Leben“ zur Sparkassenfamilie.

Sie alle wurden von einer neuen Mediengeneration abgelöst, die 1996 mit dem Internet ins Leben gerufen wurde. Seit diesem Jahr gab es Informationen für die Sparkassen, ihre Kund:innen und die Öffentlichkeit zunehmend auf elektronischem Weg auf der Website www.sparkasse.at oder im s Infonet, dem jetzigen Open Network. Da die Sparkassenzeitung 2010 eine eigene Website erhielt, konnten die vollständigen Ausgaben von allen Interessent:innen im Internet gelesen werden.

VON DER ZEITUNG ZUM MAGAZIN
Das Internet und diese neue Generation an Medien hatte auch auf die Sparkassenzeitung Auswirkungen, besonders weil sie durch ihre Erscheinungsweise keinen Anspruch auf rasche Informationen erheben durfte. So erhielt sie 2015 nochmals ein völlig neues Aussehen für ihre letzten Jahre. Sie wurde in ein Magazin umgewandelt, bei dem der Nachrichtencharakter nur mehr zweitrangig war. Im Mittelpunkt standen nun die gemeinwohlorientierten Aufgaben der Sparkassen im weitesten Sinn, man holte Kund:innen und Mitarbeiter:innen vor den Vorhang und kommunizierte die Aufgaben und die Tätigkeiten der Sparkassen im Magazin- Stil. „Fail forward – vorwärts scheitern“ war das Cover- Thema der ersten Ausgabe als Magazin im Jahr 2015. Es folgten Themen wie Resilienz, Re-Start oder Nachhaltigkeit und Gemeinwohl. Echte Highlights waren auch die Female Edition – eine Ausgabe ganz im Zeichen der Frauen, die auch in der weiblichen Form geschrieben wurde – und die Ausgabe zum 200-Jahre-Jubiläum der Sparkassen.

Die Aufgaben der gedruckten Sparkassenzeitung wandern nun in die digitale Welt, und nach 116 Jahren halten Sie die letzte Ausgabe der Sparkassenzeitung in Ihren Händen.

 

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Die Sparkassenzeitung im Laufe der Jahre