Sparkassen Zeitung

Land und Märkte

Handwerk, olé!

Ausgabe #5/2016 • It's the Economy, Stupid

Raufen auf der einen Seite viele ArbeitnehmerInnen mit der zunehmenden Globalisierung und Digitalisierung, so besinnen sich einige wenige alter Handwerkskunst und sind damit sehr erfolgreich.

Massenmärkte sind durch starke Nachfrage und viel Konkurrenz gekennzeichnet. Doch gehen immer öfter gerade heimische Unternehmen aus der Region in eine hohe Spezialisierung. „In den vergangenen Jahren haben viele Unternehmen Nischenbereiche für sich entdeckt. Das ist eine sehr erfolgversprechende Strategie für die Unternehmen, denn der Konkurrenzkampf in den herkömmlichen Branchen wird immer härter, in Nischen ist es einfacher zu bestehen“, erklärt Walter Bornett, Direktor der KMU Forschung Austria. Besonders im Bereich der Handwerksbetriebe und in der Landwirtschaft floriert die Konzentration auf die Nische. „Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit steigt und auch die Sehnsucht nach dem Besonderen und Individuellen. Hier ist man heute auch wieder bereit mehr Geld zu bezahlen, aber dafür will man etwas Exklusives, das die eigene Individualität unterstreicht. Was liegt näher als echte Handarbeit beziehungsweise altes Handwerk“, führt Bornett aus. Der große Vorteil eines Nischenmarktes liegt in den höheren Gewinnmargen, in der geringeren Konkurrenz und bei den treueren KundInnen.

DIE AMPELN STEHEN WIEDER AUF GRÜN
Nachdem die Krise an keiner Branche in den vergangenen Jahren vorbeigegangen ist, zeigt sich nun ein Trend zu einer Erholung im Handwerk. Walter Bornett, KMU Forschung Austria: „Lagen in Handwerk und Gewerbe noch im ersten Quartal die Auftragseingänge und Umsätze um 1,4 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres, so hat sich die Stimmung im zweiten Quartal merkbar verbessert. Für das dritte Quartal sind die UnternehmerInnen zuversichtlich wie schon lange nicht. Jetzt muss alles getan werden, um dieses zarte Pflänzchen Konjunkturbelebung zum Blühen zu bringen.“ Und die in den Nischenmärkten erfolgreichen Unternehmen schaffen auch Arbeitsplätze.

Auch in ländlichen Regionen blühen Unternehmen in traditionellen Sparten wieder auf. Bornett: „Wir sehen, dass Geschäftsmodelle, die viele Jahre verschwunden waren, wiederkommen. Anders als alle anderen sein – das ist das Erfolgsmotto, und dem Erfindungsreichtum und der Individualität der UnternehmerInnen sind keine Grenzen gesetzt.“ Gut ausgebildete HandwerkerInnen sind wieder gefragt.

KUNSTVOLL EÖFEN IN HANDARBEITK
Matthias Schawerda liebt Keramik und sucht die Herausforderung. Schon seit 1993 beschäftigt er sich mit dem Thema, 2011 hat er die Gewerbeberechtigung für die Hafnerei – den Ofenbau – angemeldet. „Das Geschäft entwickelt sich besser als anfangs erwartet. Mittlerweile bauen wir hauptsächlich handgefertigte Kachelöfen nach den individuellen Wünschen unserer KundInnen“, erzählt der Handwerker aus Kautzen im Waldviertel. Dabei ist er ein Purist: „Wir verarbeiten bei unseren Öfen nur handgefertigte Kacheln aus eigener Produktion. Fabrikskacheln sind bei uns ein absolutes Tabu.“

Die Öfen werden an die individuellen Wünsche der AuftraggeberInnen angepasst und geben Räumen ihre ganz besondere Note.

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„ICH HALTE NICHT VIEL VON
MASSENPRODU KTION.“

Matthias Schawerda, Waldviertler Ofenbauer

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Mittlerweile ist der Spezialist auch bei der Restaurierung von historischen Kachelöfen sehr gefragt. 2014 erhielt er von der Universität Innsbruck eine Zertifizierung dazu. Handgefertigte Kachelöfen von Schawerda sind ab 10.000 Euro aufwärts zu haben. Zudem braucht es ein bisschen Geduld, denn der Waldviertler Ofenbauer produziert gemeinsam mit seinem Lehrling nur acht bis neun Öfen pro Jahr. Schawerda: „Mehr gehen sich aufgrund der langen Produktionszeiten für die Keramik einfach nicht aus. Außerdem halte ich nicht viel von Massenproduktion.“ Noch kommt der Großteil seiner KundInnen aus Niederösterreich und dem Wiener Umland, doch der Kachelofen- Künstler hat außer in Vorarlberg schon in jedem Bundesland Aufträge abgewickelt.

BUNTE FARBEN UND FRECHE MUSTER
Immer mehr KundInnen achten auf verantwortungsbewussten Konsum und möchten keine Artikel „von der Stange“ kaufen. Deshalb ist die Nachfrage nach Unikaten oder Dingen, die aus recyceltem Material stammen, groß. Dieser Trend bietet neue Chancen für Handwerk und Kreativität. Ein gutes Beispiel ist die junge Modedesignerin Julia Löwenstein. Sie entwirft und fertigt mit ihrem Label „Feenfrech“ in ihrem Atelier in Wien-Floridsdorf Einzelstücke und Kleinserien. Seit 2013 ist sie im Geschäft. Anfangs hat sie ihre Kleidungsstücke auf kleinen Märkten verkauft, mittlerweile sind ihre Designs auch auf diversen Internet-Plattformen zu finden, was ihr die Möglichkeit gibt, auch international KundInnen zu gewinnen.

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„MEINE MODE VERLANGT VON DER
TRÄGERIN EINE GEWISSE PORTION MUT.“

Julia Löwenstein, Modedesignerin

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Ob T-Shirts, Röcke, Kleider oder Regenmäntel, mit lustigen Details, bunten Farben und frechen Mustern ist jedes Stück ein Hingucker. „Meine Mode ist bunt, selbstbewusst und verlangt von der Trägerin eine gewisse Portion Mut. Ich spreche damit Leute an, die auf der Suche nach mutiger Mode sind, die nicht dem 08/15-Schema entspricht“, erklärt Löwenstein.

AUS ALT MACH NEU
Seit 2011 verkauft Alfred Pröll unter dem Firmennamen „Holzwurm-Fredl“ Möbel aus Recycling-Holz. Bilderrahmen werden aus altem Stadelholz gefertigt, alte Bücherregale, Kästchen und Sessel werden restauriert und im Shabby Chic aufgearbeitet und bemalt. Der in Strohheim in Oberösterreich ansässige Tischler ist stolz auf seine Handwerkskunst und darauf, aus altem Holz oder gebrauchten Möbeln wieder etwas Neues zu erschaffen. Meist sind es Privatpersonen, die seine Stücke kaufen, aber er zählt auch Firmen zu seiner Kundschaft, die die außergewöhnlichen Stücke zur Dekoration nutzen oder ihre Shops damit einrichten. Auch Aufträge für Maßanfertigungen sind Pröll, der sich seit 28 Jahren mit altem Holz beschäftigt, herzlich willkommen.