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In einem gesunden Körper...

Ausgabe #4 September/2021 • GESUND UND FIT

AUCH FITNESS UND ERNÄHRUNG UNTERLIEGEN TRENDS. DERZEIT BESONDERS ANGESAGT: VIRTUELLE KÖRPERERTÜCHTIGUNG UND SCHLINGENTRAINING. IN SACHEN ERNÄHRUNG WIRD VEGANISMUS IMMER BELIEBTER.

Er ist der Vorturner der Nation und leitet die größte Bewegungstruppe Österreichs – Philipp Jelinek mobilisiert und motiviert mit seiner allmorgendlichen ORF-Sendung „Fit mit Philipp“ täglich bis zu 220.000 Menschen. Mit Kniebeugen, Hampelmännern und Abfahrtshocken – pro Sendung werden zehn aus einem Pool von 90 Übungen gezeigt – trainieren seit März 2020 SchülerInnen, Studierende, ManagerInnen, SeniorInnen bis zu fünfmal die Woche Muskeln, Balance, Koordinationsfähigkeit und Ausdauer.

„Wir haben sehr viele Bewegungsmuffel zu ehemaligen Bewegungsmuffeln gemacht“, berichtet Philipp Jelinek. „Denn die Menschen sehen, wie gut es ihnen tut und wie sehr Regelmäßigkeit zum Erfolg führt. Laut WHO sollte man pro Woche 150 Minuten Bewegung machen. Wenn man unsere täglichen Bewegungseinheiten mit Laufen und Spaziergängen kombiniert, hat man mehr als ausreichend etwas für seine Gesundheit getan.“

Der Sportexperte sagt, dass sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen den zunehmenden Haltungsschäden, durch viel Sitzen und mangelnde Bewegung, entgegengewirkt werden muss, um langfristige körperliche Probleme zu vermeiden. Seiner Meinung nach am wichtigsten, damit all die verschiedenen Bewegungs- und Sportprogramme nachhaltig sind: „Dass man schnell Erfolgserlebnisse hat. Wenn das Training zu komplex ist, steigt man rasch aus – und lässt es dann lieber wieder bleiben.“

ONLINE-TRAINING

Die Begeisterung für „Fit mit Philipp“ – im Mai 2021 mit einer Romy ausgezeichnet – entspricht dem Zeitgeist und WERTE ['∫pa:rkassәn] 27 steht für einen von zahlreichen Fitness- und Gesundheitstrends, die, auch bedingt durch die zahlreichen Lockdowns der Covid-19-Pandemie, beschleunigt wurden. Einer davon: virtuelles Training. Auch, wenn schon länger wieder Live-Training stattfinden kann, sind sie nach wie vor beliebt – von Mitturnen vor dem Fernseher über Kurse via Online-Portale wie Zoom bis hin zu YouTube-Videos, bei denen man zeitunabhängig mitturnen kann. Besonders auffällig: dass vor allem Angebote und Sportarten boomen, die keine großen und teuren Geräte brauchen und zeit- und ortsunabhängig sind. „Die Menschen schätzen an meiner Sendung die Möglichkeit, zu Hause zu trainieren. Man braucht nirgends hinfahren, kann sogar in der Badehose oder auch im Pyjama mitmachen. Es ist kein großer Aufwand, auch, weil die Einheiten nur rund 20 Minuten dauern und man sich dennoch etwas Gutes getan hat.“

DIE KRAFT DES KÖRPERS

Ebenfalls im sportlichen Aufwärtstrend: Sport mit Eigengewicht, wie klassische Liegestütze, Trainings mit Wasserflaschen als Hantel-Ersatz oder komplexe Übungen mit Schlingen, den so genannten „Slings“. Die Seile und Gurte werden mit einem Haken an der Decke, einer Halterung am Türstock oder einfach an einem Baum befestigt. Mit dem eigenen Körpergewicht als Last und als Widerstand für die Muskulatur können die Übungen, von denen es bereits mehr als 300 gibt, auch in Räumen mit wenig Platz ausgeführt werden.

Einst vor allem in der Physiotherapie verwendet, ist diese Art des Krafttrainings mittlerweile bei Freizeitsportler- Innen immer beliebter. Denn durch die instabilen Gurte wird die Haltung verbessert, Rückenschmerzen vorgebeugt und der Körper die ganze Zeit über gefordert. So werden auch tieferliegende Muskelschichten aktiviert, die man mit klassischen Bodyweight-Übungen kaum erreichen kann.

Bei all der Vielfalt an Fitnesstrends gilt jedoch: Jeder muss für sich herausfinden, was das Passende ist, womit er sich wohlfühlt, Körper und Geist fit zu halten. Auch Philipp Jelinek weiß, dass Spaß einer der wichtigsten Faktoren ist: „Denn so bleibt man gerne und langfristig an Bewegung dran.“

VEGAN LIEGT IM TREND

Doch nicht nur Sport und Bewegung, auch was wir essen ist bestimmten Trends unterworfen. Aktuell besonders beliebt: vegane Ernährung. Waren es noch vor kurzem vor allem vegetarische Speisen, die Foodies begeisterten, verzichten jetzt immer mehr Menschen nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf Lebensmittel wie Milch, Eier, Käse und Honig. In Österreich ernähren sich bereits mehr als 80.000 Menschen frei von tierischen Produkten – und ihre Zahl steigt stetig. Eine Studie des Lieferdienstes Lieferando, 2020 in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Kantar durchgeführt, belegt den Trend: So gaben 43 Prozent der Befragten an, sich häufiger für vegane Mahlzeiten zu interessieren als früher. Bei den 18-bis-35-Jährigen sind es sogar 76 Prozent. Zunahme der veganen Lieferando-Bestellungen in ganz Österreich im Vergleich zum November des Vorjahres: 135 Prozent.

Wie beliebt eine rein pflanzliche Ernährung tatsächlich ist, zeigt sich auch an der rasant wachsenden Zahl veganer Lebensmittel in den Supermärkten, veganer Speisen in Restaurants sowie diverser veganer Koch- und Backbücher und Blogs, die Veganismus zu einem Instagram-tauglichen Lifestyle erhoben haben. Auf eatthisorg, einem der beliebtesten Veganer-Instagram-Accounts im deutschsprachigen Raum, teilen die beiden Foodblogger Nadine und Jörg regelmäßig pflanzliche Rezepte, denen bereits 188.000 Menschen folgen.

Gerhrad Fabisch
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„VEGANE ERNÄHRUNG LIEGT IM TREND. WICHTIG IST, DASS MAN DABEI ALLE WICHTIGEN NÄHRSTOFFE ZU SICH NIMMT.“

Lisa Kerschbaumer,
Ernährungswissenschaftlerin

Foto: Julia Stix
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AUF AUSGEWOGENHEIT ACHTEN

Gerade bei veganer Ernährung muss man allerdings auf die Ausgewogenheit achten, bestätigt Ernährungswissenschaftlerin Lisa Kerschbaumer von Educa. „Wenn man sich rein vegan ernähren möchte, sollte man sich genau damit befassen, welche Produkte welche Nährstoffe beinhalten. Denn Eiweiß, das in tierischen Produkten vorkommt, ist in Pflanzen nur in geringeren Konzentrationen enthalten. Deshalb müssen Veganer auch oft Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen, um einem Mangel vorzubeugen, da mit zunehmendem Alter Muskeln und Knochen abbauen. Das Gleiche gilt für Vitamin D, das in Eigelb vorkommt, und für Eisen, von dem vor allem Frauen oft zu wenig haben.“

Dass sogar in der, bekanntermaßen dem fleischlichen Genuss nicht abgeneigten, österreichischen Küche vegane Gerichte möglich sind, beweist das Kochbuch „Vegan Österreich“. Darin hat Autorin Kristina Unterweger Klassiker der alpenländischen Küche neu und gänzlich ohne Milch, Butter oder Eier interpretiert – vom Eierschwammerlgulasch über Pressknödel mit Rübenkraut bis zu Bauernkrapfen mit Preiselbeermarmelade.